Leiterlispiel
Spielend lernen
Ernährungssicherheit sei zurzeit gegeben sagt der Bundesrat.
Ernährungssicherheit reicht nicht, wir fordern Ernährungssouveränität.
Die heutige Landwirtschaft ist leider nicht “Ballenberg”
Spielend über die Landwirtschaft lernen, das ist das Ziel unseres Leiterlispiels. Mit Sprüngen, die auf Herausforderungen und Möglichkeiten in der Landwirtschaft aufmerksam machen. Ihre Grösse allerdings ist nicht gewichtet sondern dient dem Unterhaltungswert des Spieles.
Für jede Station gibt es Information, wobei Sie – je nach Interesse und Alter der Spieler – bestimmen wie detailliert diese sein soll.
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für die Kleinen zum Ausmalen →
Spielanleitung:
Jeder Spieler beginnt mit einer Spielfigur auf dem Startfeld. Üblicherweise wird reihum ein einzelner Würfel geworfen. Dessen Ergebnis gibt an, wie viele Felder sich die Spielfigur vorwärtsbewegen darf. Endet ihr Zug auf einem dunkelgrünen Feld, wird sie auf deren gelbgrünes Endfeld vor- oder zurückversetzt. Sieger ist, wer zuerst das Zielfeld erreicht.
2 → 21 Hofladen
Die Hofläden bieten die kürzesten Kreisläufe. Das bedeutet faire Preise für die Bauern und faire Produkte für die Konsumenten.
Vorteil für die Kunden:
Frischer und saisonaler gehts nicht.
Persönlicher Bezug zum Produzent und der Gegend.
Man kennt die Herkunft und Produktionsweise der Produkte.
Kein Geld bleibt beim Zwischenhändler.
Vorteil für die Produzenten:
Sie erhalten Kundenpreise, nicht Händlerpreise (die Richtpreise werden wöchentlich festgelegt).
Der Produzent kontrolliert die ganze Wertschöpfungskette: Der Gewinn ist nicht bei den Rohprodukten, sondern in der Verarbeitung.
Das Sortiment im Hofladen ist saisonabhängig. Als Ergänzung werden auch Produkte von anderen Höfen und verarbeitete Eigenprodukte angeboten. Die Haltbarmachung der Eigenproduktion ermöglicht zusätzliches Einkommen, allerdings auch zusätzliche Kosten, z.B. wenn wegen der Sortimentsgrösse Bedienung nötig ist oder Einrichtung, Deko, Lagermöglichkeiten usw.
4 → 7 Blumenwiesen
Es gibt kaum mehr Blumenwiesen in der Schweiz. Ihre Biodiversität hat seit Mitte des 20. Jahrhunderts drastisch abgenommen. Die Artenvielfalt in den traditionellen Fromentalwiesen ist seit 1950 um einen Drittel zurückgegangen. Doch sie sind wichtig für Bestäuber und andere Nützlinge und stehen deshalb immer mehr im Mittelpunkt.
Staatliche Biodiversitätsförderflächenbeiträge, Vernetzungsbeiträge, Landschaftsqualitätsprojektsbeiträge und Blühstreifenbeiträge sollen extensive Bewirtschaftung und Artenvielfalt fördern. Öko-Beiträge gibt’s schon, auch wenn Biodiversitäts-Qualitätsniveau QII nicht erreicht wird. Der Anteil an Brachen und Wiesen nimmt erfreulicherweise wieder zu – bei gleichbleibender Landwirtschaftlicher Nutzfläche bedeutet das aber, dass die Produktion auf den restlichen Flächen intensiviert werden muss um den gleichen Ertrag zu behalten.
Ab 2015 werden “Blühstreifen für Bestäuber und andere Nützlinge” gefördert. Damit wird ein Beitrag zur Stärkung der Bienenpopulation geleistet. Entlang von Fliessgewässern sind in den Biodiversitätsförderflächen neu maximal 20 Prozent unproduktive Strukturen wie Gehölze oder Steinhaufen beitragsberechtigt.
Weiterführende Links und Quellen:
10 → 29 Mist
Im Mittelpunkt des ökologischen Landbaus steht das Prinzip der so genannten Kreislaufwirtschaft: Ein Hof wird – soweit es geht – in einem geschlossenen Kreislauf bewirtschaftet. Um Tiere zu füttern, baut der Landwirt zum Beispiel grundsätzlich das Futter selbst an. Auch andere Maßnahmen sind in den Kreislauf eingebettet. Erntereste werden frisch oder kompostiert zur Bodenverbesserung in die Äcker eingepflügt. (1)
In einem schweizer Talbetrieb rechnet man mit maximal 2.5 GVE (Grossvieheinheiten) pro Hektar, damit der Kreislauf funktioniert. Die Kennzahl GVE wird für die Berechnung von Lagerkapazitäten (Futter, Gülle, Mist) benötigt. In der Westschweiz ist die Durchschnittsfläche der Betriebe am grössten bei eher geringem Viehbesatz. In der Zentral- und Ostsweiz herrschen kleinere und mittlere Betriebe mit grösserem Viehbesatz (2 GVE) vor, während im Mittelland die Betriebe eine durchschnittliche Grösse und einen eher unter- durchschnittlichen Viehbesatz aufweisen.
Heute gibt es fast keine traditionellen Miststöcke mehr; die modernen Landwirtschaftsbetriebe sind mit Entmistungsanlagen ausgerüstet.
Das macht die moderne (konventionelle aber leider auch zu einem wichtigen Teil die Bio-) Landwirtschaft wegen der hohen Ammoniak-Emissionen zu einem der grössten Umweltverschmutzer. Giftig für den Menschen, verschmutzen diese Giftgase auch unsere Luft, den Boden und das Wasser. Durch Minderung der Viehbestände, Fütterungsumstellungen und Reduzierung der Güllewirtschaft würden die Ammoniak- und Stickoxid-Freisetzungen vermindert. Das wäre nicht nur in ökologischer, sondern auch in ökonomischer Hinsicht wünschenswert. Was uns in der Nase stört, stört im Boden und im Wasser noch viel mehr!
Weiterführende Links und Quellen:
Nachhaltigkeit fängt zu Hause an
Heidis Mist – Von Mist, Gülle und anderen Gewässer-, Grundwasser- und Umweltverschmutzern
Die Kuh ist kein Klimakiller – von Anita Idel
Methan und Lachgas – die vergessenen Klimagase, Beitrag auf ARD
24 → 5 Schweine
1,5 Millionen Schweine leben in der Schweiz. Schweinefleisch ist mit einem durchschnittlichen Konsum von 450 Gramm pro Woche oder über 23 kg pro Jahr das beliebteste Fleisch von Herr und Frau Schweizer. Schweizer Mastschweine werden mit sieben bis acht Monaten geschlachtet.
Schweine sind spielfreudig, neugierig, bewegungsfreudig, geniesserisch und etwa so intelligent wie ein vierjähriges Menschenkind. Sie gehören mit Schimpansen, Elefanten und Delphinen zu den intelligentesten Tieren. Schweine lieben klassische Musik, erkennen sich selbst im Spiegel und können Computerspiele bedienen. Die Tierschutzverordnung schreibt vor, dass sich Schweine jederzeit mit Stroh, Raufutter oder anderem gleichwertigem Material beschäftigen können müssen.
Schweinefleisch war bis ungefähr Ende des 18. Jahrhunderts teurer als Kalbfleisch. Mit dem aufblühenden Kartoffelanbau Ende des 18. Jahrhunderts und dem Aufschwung der Käsereien in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts (Molke ermöglicht Schweinemast) verschwand die bisher bestehende Nahrungskonkurrenz zwischen den beiden Allesfressern Schwein und Mensch endgültig, und so kam es, dass sich das Schwein zu einer ländlichen Institution, wie wir sie heute kennen, entwickelt hat. Die Schweinemast ist auch heute noch in vielen Gebieten der Schweiz traditionell mit der Käseherstellung und der Verwertung der Molke verbunden.
Schweine sind als Allesfresser optimale Resteverwerter. Doch auch bei uns gilt die EU-Regel, wonach Speisereste aus Restaurants nicht mehr Nutztieren verfüttert werden dürfen. Pro Jahr vernichten wir in der Schweiz in Befolgung von EU-Vorschriften 170 000 Tonnen hochwertige Lebensmittelabfälle, die früher sterilisiert der Schweinemast zugeführt wurden. Das entspricht dem Nährwert von 40 000 Tonnen Kraftfutter mit 8000 Tonnen Eiweiss. Die Ersatzproduktion an Futtermitteln beansprucht 20 000 Hektaren Ackerland.
Fast die Hälfte der importierten Futtermittel werden den Schweinen gefüttert. Bei Futtergetreide liegt der Selbstversorgungsgrad der Schweiz bei unter 50 Prozent. Bei eiweisshaltigem Kraftfutter – Rapskuchen, Sojaschrot – rutschte er unter 40 Prozent. In hiesige Schweinetröge gelangen 67 Prozent ausländisches Eiweiss. Eine gentechnisch veränderte Soja- und zwei gentechnisch veränderte Maissorten sind in der Schweiz als Lebens- und Futtermittel zugelassen.
Weiterführende Links und Quellen:
Stärkung der Versorgung mit Schweizer Kraftfutter (PDF)
Wie viel Schweiz steckt im Schweizer Fleisch?
25 → 47 Gemüse
Gemüse und Früchte enthalten alle Vitamine und Mineralstoffe, die man zum Leben braucht. Frisches Saisongemüse ist die Grundlage für eine gesunde Ernährung. Es ist ein wichtiger Lieferant von Vitaminen und Mineralstoffen und enthält viele Ballaststoffe. Eine pflanzliche, gemüsereiche Ernährung beugt Krankheiten wie Herz-Kreislauferkrankungen, Bluthochdruck, Krebs, Übergewicht und Diabetes vor.
Der Konsum von Gemüse ist steigend. Pro Jahr und Kopf werden in der Schweiz etwa 85 kg Gemüse gegessen. Etwas mehr als die Hälfte davon ist lokal hergestellt, der Rest ist Import-Gemüse. Die Einfuhren von Frischgemüse und Frischobst, welche in der Schweiz angebaut werden können, beliefen sich 2013 auf 231 000 t bzw. 57 000 t. Die Exporte waren mit 700 t Gemüse und 1 600 t Obst unbedeutend.
Die grossen Konzerne machen nicht vor der konventionellen Pflanzenzucht halt. Egal, ob es sich um Schweine, Brokkoli oder eine bestimmte Tomatenart handelt, die Pflanzenzüchter wollen sich am liebsten alles patentieren lassen, um so ihre Marktmacht zu steigern. Kritiker gehen davon aus, dass durch die Patentierung die Preise für Lebensmittel und Saatgut steigen, was Nahrungsmittelkrisen verschärfen kann.
Wer keine Pestizide in seinem Gemüse haben will, setzt auf Bio. Doch das grosse Bedürfnis vor allem der Städter nach Natur und frischem Gemüse haben die Multis längst erkannt. Bereits heute wächst “in unserer Region für unsere Region” Bio-Gemüse aus importierten Setzlingen, bestäubt durch importierte Bienen und gepflückt von importierten ArbeiterInnen. Haben die Treibhäuser Doppel(plastik)wände, dürfen sie sogar mit Öl geheizt werden. Nun wird tatsächlich auch noch darüber diskutiert, die Pflanzen zusätzlich mit direkt wasserlöslichem Nitrat zwangszuernähren. Will man wirklich wissen, was man da isst, bleibt noch, sein Gemüse beim Bauern seines Vertrauens zu kaufen oder es selber anzubauen.
In der Schweiz existieren immer mehr Gemüsegenossenschaften und Gemeinschaftsgärten, die z.T. in Verbänden organisiert sind (Regionale Vertragslandwirtschaft RVL und FRACP). Indem sich immer mehr Konsumenten in Landwirtschafts-Kooperativen und -Genossenschaften engagieren wird der Kreislauf wieder übersichtlicher, die Qualität sicherbar und die Wirtschaft nachhaltig. Kleine, vielseitige, lebendige Kulturen fast ohne Maschinen statt grosser Monokulturen ohne Menschen. Auch der klassische Schrebergarten am Stadtrand erfährt ein Revival. Egal, ob organisiert oder lose, im Stadtkern oder der Peripherie, der Beton blüht überall.
Weiterführende Links und Quellen:
31 → 12 Milch
Seit der Industrialisierung hat sich die Schweiz auf die Milchwirtschaft spezialisiert. In der Schweiz gibt es heute 858’000 Milchkühe. Der Druck auf die Branche ist enorm.
Die Mehrheit der Bauern haben für Stallbauten und diverse Anpassungen, für Melkmaschinen oder -Roboter Kredite aufgenommen, die verzinst und abgezahlt werden müssen. Es ist ihnen deshalb nicht möglich, einfach aufzuhören, weils keinen Sinn mehr macht. Weil die Preise immer tiefer sinken versuchen (zu) viele, den Gewinnverlust mit der Menge wett zu machen. Mit der Folge, dass noch mehr produziert wird und der Preis weiter sackt.
Im Vergleich mit dem Milchjahr 2000/01 stieg die vermarktete Milchmenge je Kuh um fast 20 % und je Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche um mehr als 30 %. Sie betrug im Milchjahr 2012/13 5 990 kg je Kuh und 5 595 kg je ha.
Es gibt A, B und C Milch:
A-Milch: Wertschöpfungsstarke Produkte mit Grenzschutz und solche mit Rohstoffpreisausgleich.
B-Milch: Milchprodukte ohne Grenzschutz oder Rohstoffpreisausgleich für den Inlandmarkt und den Export.
C-Milch: Wertschöpfungsschwache Produkte für den Weltmarkt.
Für Bauern ist die Lieferung freiwillig.
Die Melkmaschinen führen Statistik, welche Kuh wie viel Milch gibt. Die Kälber werden meistens gleich nach der Geburt von der Mutter getrennt, separat gehalten und getränkt. Die Hörner werden bei 90 % aller Kühe entfernt. Ein enger Bezug zu den Tieren geht mit dem finanziellen Druck in der Landwirtschaft, der Wachstumsidee und der damit einhergehenden grösseren Tierzahl pro Betrieb verloren. Das Thema ist damit sinnbildlich für eine immer stärker spezialisierte und industrialisierte Landwirtschaft, welcher viele Kleinbetriebe zum Opfer fallen.
Früher war es ganz normal, die Milch jeden Tag frisch aus der Milchhütte zu holen. Kaum ein Lebensmittel hat so ein positives Image wie das weisse Getränk, und die Milchwerbung wird in der Schweiz sogar durch Steuergelder finanziert. Doch einige Studien in neuester Zeit weisen darauf hin, dass Inhaltstoffe der Milch nicht nur das Entstehen von Allergien, sondern auch von Krebserkrankungen begünstigen könnten.
Rohmilch, unbehandelt und ohne jegliche Zusatzstoffe, gibts in Reformhäusern oder direkt ab Milchautomat auf “Milchbetrieben”. Soll sie vor dem Genuss pasteurisiert werden? Wir sagen: lieber zu Hause selber erhitzen, als ein standardisierte Milch aus dem Tetrapack, denn “da weiss man was man hat”.
Weiterführende Links und Quellen:
40 → 63 Schlaf im Stroh
Landwirtschaftsbetriebe machen mehr als Landwirtschaft. Von den vielen Nebentätigkeiten der Bauern wie Schneeräumen für Gemeinden, Gartenpflege für Private und Angeboten wie Schlafen im Stroh, „Bed & Breakfast“, Besenbeizen, Selberpflück-Felder oder Hofläden profitieren auch wir Konsumenten.
Der Wert der nicht trennbaren nichtlandwirtschaftlichen Nebentätigkeiten beträgt schon über 430 Millionen Franken und nimmt weiter zu. In dieser Position sind Tätigkeiten enthalten wie die Verarbeitung von Mostobst, Fleisch oder Milch auf dem Hof oder Dienstleistungen, wie Strassenrand- und Landschaftspflege, die Haltung von Pensionstieren (Pferde) sowie die Übernachtungen von Touristen (Schlafen im Stroh).
Weiterführende Links und Quellen:
44 → 23 Traktor
2.8 Milliarden Menschen arbeiten in der Landwirtschaft – zwischen 41–42% der Weltbevölkerung. 28 Millionen Traktoren sind weltweit im Einsatz, das heisst nur 2% der Bauern haben einen Traktor, nur 100‘000 davon einen mit 400 PS. 5-6 Millionen haben eine Sämaschine / einen Mähdrescher, es gibt 400-500’000 Millionen Arbeitstiere, aber 1 Milliarde Bauern – das sind zwei Drittel! – arbeiten auch heute noch ohne Tiere und ohne Maschinen, ohne kommerzielles Saatgut, ohne mineralische Dünger und Pestizide, nur von Hand.
Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war die Landwirtschaft auch in den industrialisierten Ländern ausschließlich von körperlicher Arbeitskraft von Menschen oder Tieren abhängig. Nach dem zweiten Weltkrieg fand die sogenannte Agrarrevolution mit Motorisierung, Mechanisierung, Chemisierung und Produktivitätssteigerung statt. Der technische Fortschritt brachte den Landwirten viel Erleichterung. Ein Beispiel: Mit einem Liter Öl können ca. 10 KWh erzeugt werden. Zum Vergleich bringt es eine trainierte Person mit 75 kg Körpergewicht bei 8 Stunden körperlicher Arbeit pro Tag auf etwa 1,2 KWh. 1 Barrel Öl entspricht also 1325 Tage menschlicher Muskelarbeit – das sind mehr als 4 Jahre Arbeitszeit!
Doch der technische Fortschritt hat auch viele Schattenseiten: Die landwirtschaftliche Produktion verbraucht pro Hektare und Jahr rund fünfzig Gigajoule in Form von Diesel, Öl und Gas, Futtermitteln, Dünger usw. Die meiste dieser Energie ist importiert. Die gesamte westliche Wirtschaft ist abhängig vom Verbrauch nicht erneuerbarer Energie. Diese Art, auf Kosten der Naturgrundlage zu wirtschaften, stösst immer mehr an Grenzen.
Je industrieller und energiefressender eine Landwirtschaft ist, umso mehr muss ihr Anteil an der Ernährungssicherheit in Frage gestellt werden. Der Weltagrarbericht und weitere Studien seither haben x-fach aufgezeigt, dass nicht die industrielle, wohl aber eine organische, vielseitige, bäuerliche und ressourcenschonende Landwirtschaft zukunftsfähig ist.
Weiterführende Links und Quellen:
Energieverbrauch der Schweizer Landwirtschaft nach wie vor auf hohem Niveau (BWL)
50 → 16 Hochstamm
Hochstammbäume gehören, genauso wie behornte Kühe, zu unserem Bild traditioneller Kulturlandschaft. Doch jährlich verschwinden Tausende von Hochstamm-Obstbäumen und mit ihnen unentbehrlicher Lebensraum für viele, auch bedrohte Tierarten. In den letzten 50 Jahren sind über 80% der Hochstammobstbäume verschwunden. Wurden 1950 noch 15 Millionen Bäume gezählt, waren es bei der letzten Baumzählung 1991 noch 3 Millionen. Der rückläufige Trend hält auch heute noch an. Jede Stunde werden 7 Hochstammbäume gerodet.
Um 1900 gab es in der Schweiz weit über 3000 Obstsorten, heute sind es noch etwa 2000. Davon brauchen die meisten Sorten einen besonderen Schutz, da sie zum Teil nur noch auf wenigen Bäumen gedeihen. In der gleichen Zeitspanne ging die Zahl der Feldobstbäume um 80 Prozent zurück.
Ernte und Pflege von Hochstammbäumen auf hohen Leitern sind zeitaufwendig und mühsam. Auch heute braucht es noch viel Handarbeit. Der Ertrag pro Hektar ist geringer als in Niederstammanlagen.
2011 hat der Bund für 2‘235‘827 Hochstammbäume Direktzahlungen entrichtet. Gegenüber dem Vorjahr entspricht dies einem Plus von fast 22‘000 Bäumen. Die Zunahme erklärt sich aus der grossen Anzahl von Neupflanzungen. Das zeigt: Obstbauern investieren dann wieder in Jungbäume, wenn Absatzperspektiven vorhanden sind. Hier setzt Hochstamm Suisse an.
Für einen Hochstamm-Obstbaum kann ein Landwirt Direktzahlungen von bis zu 50 Franken abholen. Mit der Agrarpolitik 2014-17 steht dem Hochstammanbau mit den Landschaftsqualitätsbeiträgen ein neues, zusätzliches Finanzierungsinstrument zur Verfügung.
ProSpecieRara erhält die Sorten in über 100 Hochstamm-Obstgärten der Schweiz. Nur dank einem grossen Engagement der Obstgartenbesitzer und -Pfleger können so etwa 1800 Obstsorten erhalten werden. Abgehende Bäume werden jeweils ersetzt. Damit ermöglicht ProSpecieRara nicht nur die Erhaltung der Sortenvielfalt sondern leistet auch einen wichtigen Beitrag zum Natur- und Landschaftsschutz, für den Hochstammobstbäume herausragende Bedeutung haben.
Weiterführende Links und Quellen:
48 → 57 Schafe
Das Schaf ist zusammen mit der Ziege das älteste Nutztier der Menschen. Heute weiden in der Schweiz etwa 435’000 Schafe und es gibt mehr Schaf- als Pferdehalter. Für das Einkommen der Landwirte haben sie eine untergeordnete Bedeutung. Wichtig sind die kleinen Wiederkäuer vor allem für die Pflege der Landschaft. Sie nutzen Wiesen, Weiden, hochgelegene Alpen und sogar steile Abhänge, die das Rindvieh nicht mehr beweiden kann. Schafe stellen geringe Ansprüche an das Futter und sind widerstandsfähig.
Vom Schaf kann alles verwertet werden – Milch, Wolle, Fleisch und Fell.
Während die Wolle praktisch keine Bedeutung mehr hat auf dem Schweizer Markt, erfreut sich das Lammfleisch zunehmender Beliebtheit. Im Jahr 2010 lag der Pro-Kopf-Konsum bei rund 1,3 Kilogramm. Der Selbstversorgungsgrad liegt beim Schaffleisch bei etwas mehr als 40 Prozent. Obwohl Schafsmilch den höchsten Gehalt an Mineralien, Vitaminen und speziellen Fettsäuren aufweist, hat sie bei uns kaum eine Bedeutung.
78 → 72 Kinder
2014 war das „Internationale Jahr der bäuerlichen Familienbetriebe“, und diese sind nach wie vor bedroht. Immer noch geben jeden Tag drei Bauernhöfe auf – hauptsächlich kleine. Eine Änderung ist nicht absehbar. Unter anderem wegen den SAK (Standardarbeitskraft), einem „zentralen Element, da es das erste und zuweilen das einzige Kriterium ist, das bestimmt, ob ein Betrieb von einer agrarpolitischen Massnahme profitieren kann oder nicht.“
Die Versorgung der lokalen Bevölkerung mit Lebensmitteln des täglichen Bedarfs erfolgt hauptsächlich über bäuerliche Familienbetriebe.
Da sie über Generationen weiter gegeben werden, stehen bäuerliche Familienbetriebe für Nachhaltigkeit in allen drei Dimensionen (Ökologie, Ökonomie und Soziales).
Die nachhaltige Nutzung von Ressourcen ist zentral für das Bestehen eines bäuerlichen Familienbetriebs. Gerade natürliche Ressourcen sind nicht unbegrenzt vorhanden. Der Boden, auf welchem die Familie produziert, ist nicht vermehr- oder erneuerbar. Daher ist der sorgfältige Umgang mit den Ressourcen unumgänglich, soll der Betrieb an weitere Generationen übergeben werden können.
Viele Traditionen wurzeln in der Landwirtschaft. Auf bäuerlichen Familienbetrieben werden diese bis heute weiter gepflegt. Werte wie Zusammenhalt, Solidarität und Familiensinn werden ebenfalls hoch gehalten.
Es liegt in unserer Verantwortung für die nächste Generation, dass wir dem Boden Sorge tragen und ökologisch arbeiten. Vielfältige, bäuerliche Landwirtschaft ist zukunftsfähig, nicht maximale Ertragssteigerung auf Kosten der Umwelt.
Weiterführende Links und Quellen:
Verordnung über landwirtschaftliche Begriffe und die Anerkennung von Betriebsformen – SAK u.ä.
Bundesrat will System der Standardarbeitskraft in der Landwirtschaft verbessern
56 → 51 Siloballen
Die allgegenwärtigen Ballen im Grünen sind eine der Erscheinungen moderner Landwirtschaft. Manchmal wirken sie wie Fremdkörper, können aber genausogut eine Landschaft oder ein Hofbild als kreatives Gestaltungselement bereichern. Bauernbetriebe beziehen auch für die Pflege der Landschaft Direktzahlungen. «Wer Bauer ist, ist auch Landschaftsarchitekt».
Wurde früher das Heu im Tenn gelagert, wird Gras heute direkt auf dem Feld in Siloballen abgepackt. Fermentiert bietet es eine wertvolle Ergänzungsernährung für die Raufutterverzehrer. So nennt man die Wiederkäuer, die, weil sie einen Pansen haben, auch Gras verdauen können. Heute wird rund ein Drittel der weltweiten Getreideernten an Tiere verfüttert. Damit werden Milchkühe und Fleischrinder zu direkten Nahrungskonkurrenten des Menschen. In einem durchschnittlichen Schweizer Milchbetrieb werden etwa 700 Kilo Kraftfutter pro Kuh und Jahr eingesetzt. In Europa sind es sogar mehr als zwei Tonnen. Der Kraftfuttereinsatz bei Fleischkühen ist noch höher: In der USA liegt der Anteil bei 80%, in Deutschland bei 50%, und in der Schweiz zwischen 20 bis 30%; Tendenz zunehmend. Bei Futtergetreide liegt der Selbstversorgungsgrad der Schweiz bei unter 50%, bei eiweisshaltigem Kraftfutter unter 40%. Schweizer Biomilchbauern verfüttern zwischen 300 und 400 Kilo Kraftfutter pro Kuh und Jahr, auf Bio-Suisse-Betrieben gilt seit 2004 eine Kraftfutterlimite von 10%.
Das FiBL hat vor drei Jahren das Projekt «Feed no Food» (Verfüttere keine Nahrungsmittel) lanciert. Bio Weide-Beef weist insbesondere bei der Tierhaltung und bei den Biodiversitätsleistungen Vorteile auf. Deutlich tiefer als in anderen Systemen ist der Energieeinsatz pro Kilo Fleisch, was direkt mit geringerem Einsatz von Kraftfutter und auch Treibstoff zusammenhängt. Je mehr Raufutter, also Gras und Heu, die Kühe bekommen, desto besser ist die Milch. Sie enthält mehr Vitamine und mehr Omega-3-Fettsäuren.
Weiterführende Links und Quellen:
61 → 65 Hühner
Über 50 Milliarden Stück Geflügel werden weltweit pro Jahr verarbeitet. Als Konsequenz der Globalisierung beherrschen zwei Firmen die Genetik von 3/4 allen Mastgeflügels. Spezielle Hochleistungs-Hybrid-Masthühner sind einseitig auf rasches Fleischwachstum gedrillt. Die meisten werden als Eintagsküken importiert, in der Schweiz gemästet und geschlachtet, so können sie als Schweizer Poulet verkauft werden. Konsumentinnen und Konsumenten kaufen auch lieber Schweizer Eier, obwohl diese teuerer sind als importierte. Nirgendwo sonst auf der Welt, nur in der Schweiz, sind Batteriehühner verboten, und das schon seit über 25 Jahren. Die erlaubten Besatzdichten sind niedriger als in der EU.
Doch “glücklich” sind nur wenige Schweizer Hühner. Hybrid-Legetiere sind einseitig auf hohe Legeleistung gezüchtet. Ein solches Huhn legt 300 Eier pro Jahr! Für die männlichen Küken aus den Legelinien hat die Industrie keine Verwendung: Über 40 Millionen pro Jahr werden deshalb weltweit getötet und wandern in den Abfall. In der Schweiz fallen auch jährlich über eine Million gerade mal 18 Monate alter, tierfreundlich gehaltener Bio- und Freilandlegehühner zum Schlachten an. Allerdings liefert eine Legehenne weniger Fleisch als ein Masthähnchen. Deshalb importiert man lieber billiges Geflügelfleisch aus Massentierhaltungen. Neben 700 Millionen Eiern werden jährlich auch 46’500 Tonnen Geflügelfleisch in die Schweiz importiert. Jedes zweite in der Schweiz verzehrte Poulet stammt aus dem Ausland. Diese Tiermast wird von Agrarkonzernen dominiert und bringt weltweit hunderttausende von Kleinbauern in Entwicklungs- und Schwellenländern um Arbeit und Verdienst.
Die heutige intensive Pouletmast wäre auch ohne präventiven Einsatz von Antibiotika gar nicht möglich. Stetig steigender Kostendruck, immer grössere Mastställe und immer mehr Tiertransporte führen zu einer Überforderung des Immunsystems der Tiere. Auf Grund des Kostendrucks werden die Grenzen der Natur mit Antibiotika übergangen, zum Beispiel indem Medikamente direkt unter das Futter gemischt werden. Die Folge: Drei von vier Schweizer Poulet-Erzeugnissen sind mit Antibiotikaresistenten Keimen kontaminiert. Das zeigen neue Zahlen des Bundes. Das Problem wird bereits mit den Eintagsküken respektive mit den Eiern in die Schweiz importiert.
Gefragt ist die Zucht robuster Tiere und gesunde Haltungsformen – und nicht Freihandelsverträge, die einheimische Anstrengungen für eine tierfreundliche Landwirtschaft und den Konsumentenschutz unterlaufen und im Inland verbotene, tierquälerische Massentierhaltungen ennet der Grenzen unterstützen und fördern.
Weiterführende Links und Quellen:
67 → 58 Saatgut
Früher hat der Bauer sein Saatgut selber produziert, doch heute darf er patentgeschützte Samen nur dann vermehren, wenn der Patentinhaber das gestattet. Auch Hybridzüchtungen bringen die Bauern um ihr Recht auf Nachbau: Sie sind für eine Wiederaussaat weitgehend unbrauchbar. Ein grosser Teil unserer Gemüse, wie beispielsweise Mais, Broccoli oder auch Blumenkohl und ein Teil von Raps und Roggen stammen von Hybriden ab – auch in der biologischen Landwirtschaft.
Die Alternative zu Hybriden sind samenfeste Sorten. Samenfest sind Sorten dann, wenn aus ihrem Saatgut Pflanzen wachsen, die dieselben Eigenschaften und Gestalt haben, wie deren Mutterpflanzen. Das bedeutet, die Sorten können noch natürlich vermehrt werden. Durch ihre Vermehrung werden sie erhalten. Sie werden durch Wind oder Insekten bestäubt.
Die farbigen Kügelchen auf dem Feld im Frühjahr sind übrigens pillierte, gebeizte Samen. In der Schweiz wurde Saatgut von Rüben, Raps, Mais, Getreide, Zwiebeln, Kohl, Lauch und Salat mit Neonicotinoiden behandelt. Massenhaftes Bienensterben brachte die Neonicotinoide in die Schlagzeilen: Bereits wenige Milliardstel Gramm können eine Honigbiene töten.
ProSpecieRara-Sorten sind garantiert samenecht, frei von Gentechnik und Chemie und lokal vermehrt.
Weiterführende Links und Quellen:
78 → 72 Siedelungsdruck
Jede in der Schweiz lebende Person beansprucht über 400 m2 Boden (für Wohnen, Verkehr, Erholung, Gewerbe). Der Boden im Schweizer Mittelland gehört zu den fruchtbarsten der Welt, aber auch zum begehrtesten Siedlungs- und Wirtschaftsgebiet des Landes. Die Agglomerationen von Basel, Bern und Zürich wachsen langsam zusammen; das Mittelland wird zur Mittelstadt. Die Vermögensanlage „Land“ ist ein Spekulationsobjekt, umgeben von Landwirtschaft und ländlichem Raum. Der Sachplan Fruchtfolgeflächen (SP FFF) soll das Landwirtschaftsland schützen. Doch jede Sekunde wird in der Schweiz ein Quadratmeter Boden zerstört.
Humusbildung, Wasserspeicherung und Pflanzenwachstum können auf versiegelten Flächen nicht mehr geschehen. Bebauter, asphaltierter, betonierter, befestigter Boden ist vom natürlichen Kreislauf abgeschnitten.
Die Behauptung, mit der industriellen Landwirtschaft einen höheren Gewinn erwirtschaften zu können als mit möglichst naturschonenden Produktionsmethoden basiert auf einer unvollständigen Rechnung: weder die klimatischen noch die gesundheitlichen Konsequenzen noch mögliche (krisen- umwelt- oder wirtschaftsbedingte) Welthandelspreiserhöhungen sind berücksichtigt.
Fruchtfolgeflächen sind die Grundlage für die nachhaltige Sicherung der Ernährung unserer Bevölkerung. Sie sind nicht einfach offenes Ackerland. Fruchtfolgeflächen sind diejenigen Böden, die bezüglich klimatisch geeigneter Lage, genügender Tiefgründigkeit, Struktur und Wasserspeichervermögen über längere Zeit hohe Erträge liefern können, ohne dass der Boden dabei Schaden nimmt. Es sind unsere besten Böden.
Geschätzte 99% unserer Nahrung hängen vom Boden, von Äckern und Weiden, ab. Aber die Bodenvernichtung schreitet unvermindert fort.
Weiterführende Links und Quellen:
71 → 81 Konsumenten
Die Landwirtschaft bietet nicht nur vielseitige, stadtnahe Erholungsgebiete, sondern auch mögliche Arbeitsplätze und Therapieplätze, Hofläden und vieles mehr.
Abschalten und aufs Land fahren ist in der Schweiz dank dem guten Transportnetz kein Problem. Die Landschaft ist immer abwechslungsreich entsprechend den Jahreszeiten und den Fruchtfolgen.
Leider denken die wenigsten Menschen in unserer Überflussgesellschaft je darüber nach, woher ihre Lebensmittel kommen. Sie schieben ihren Einkaufswagen durch die Gänge und machen sich nicht klar, dass die scheinbare Fülle nur eine bunte Kulisse ist, gerade mal noch zusammengehalten von einem Gerüst, das immer brüchiger wird.
Erleben, wie unsere Nahrung produziert wird, macht uns bewusster für Food Waste, denn 45% der Lebensmittelabfälle fallen in Privathaushalten an. Eine Reduktion der Abfälle kann einen wichtigen Beitrag leisten, um die wachsende Weltbevölkerung zu ernähren und den Druck auf die natürlichen Ressourcen zu begrenzen.
Weiterführende Links und Quellen:
84 → 62 Traubenlese
In der Landwirtschaft fallen auch heute noch viele Handarbeiten an – so z.B. in der Obst- und Traubenernte. Menschen mit gesunden Lebensmitteln zu verorgen ist ein attraktives Arbeitsumfeld für Menschen mit und ohne Behinderung. Der offensichtliche Nutzen der eigenen Arbeit beim Umgang mit Tieren und Pflanzen wirkt sich auf Menschen mit besonderen Bedürfnissen positiv aus, aber auch auf Burnoutpatienten, Ritalinabhängige und alle, die eine Aus- oder Übergangszeit benötigen. „Geschützte Arbeitsplätze“ schliessen eine Lücke zwischen dem freien Erwerbsleben einerseits und verschiedenen, spezialisierten Institutionen andererseits. Zwei Drittel aller Arbeitsplätze in der Landwirtschaft für Menschen mit Behinderung finden sich auf Biobetrieben. Das ist vor allem der Einstellung und dem Engagement derer geschuldet, die dort Verantwortung tragen. Es ist die gleiche Haltung, die ihren Ausdruck auch im Umgang mit der Natur und den Lebenschancen künftiger Generationen findet. Diese Betriebe tragen auch dazu bei, regional erzeugte landwirtschaftliche Produkte vor Ort zu verarbeiten und zu vermarkten. Sie unterstützen damit eine faire, umweltverträgliche Regionalvermarktung.
Manuelle Arbeit bedeutet ausserdem nicht nur optimale Qualität, sondern auch geringere Lebensmittelverluste. Das maschinelle Aussortieren von Lebensmitteln beginnt bereits auf dem Acker. Wenn beispielsweise die Grösse der Kartoffeln nicht der gewünschten Handelsnorm entspricht, werden sie gleich aussortiert und bleiben liegen, obwohl sie einwandfrei sind. Mit wertvoller Handarbeit kann dies verhindert werden.
Weiterführende Links und Quellen: