Schützt unsere Wälder, jetzt!
Während an der Klimakonferenz COP26 in Glasgow diskutiert wird, wie die Biodiversität zu verbessern und die Urwälder zu schützen seien, geht weitab vom politischen Scheinwerferlicht, die Zerstörung von Land und Existenzen ungestört weiter. Und dies nicht nur im für uns fernen Amazonasgebiet und in Sibirien, sondern auch «direkt vor unserer Haustür».
«Wir haben das Scheitern des Kommunismus erlebt, und jetzt erleben wir die Wildnis des Kapitalismus. Unser Land wurde uns durch Reformen zur Landumverteilung zurückgegeben, nur um es uns im Namen der privaten Industrialisierung und Kapitalakkumulation wieder wegzunehmen» schreibt Szöcs-Boruss Miklos Attila, Landwirt und Präsident von Eco Ruralis im EU-Mitgliedstaat Rumänien.(1) Kann das «Glasgow» künftig verhindern?
Gleich zu Anfang der Konferenz haben die “Glasgow leaders” eine Deklaration publiziert, um die Wälder dieser Welt zu schützen.(2) Darin wird zwar auf die Rechte der autochthonen Völker hingewiesen, aber einen System-Change scheint die – von bereits über 130 Staaten unterschriebene – Erklärung nicht zu forcieren.
Landraub in Rumänien
Rumänien ist eines der ärmsten Länder der EU.
Die Basis der lokalen Versorgungskette und der damit verbundenen ländlichen Wirtschaft ist bedroht, wird weggewalzt von internationalen agroindustriellen Unternehmen, die auf zehntausenden von Hektaren Monokulturen zum lukrativeren Export anbauen. Sie kamen, unter anderem «angeheizt durch die Verfügbarkeit von Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU.». Zwar hatte Rumänien mit der EU ein Moratorium für Landverkäufe ausgehandelt, aber die «haben in den vergangenen Jahren nicht viel gebracht. Europäische Unternehmen und Investmentfonds fanden schnell Schlupflöcher, um Land in den neuen Mitgliedssstaaten zu kaufen oder zu pachten».
Die Lebensmittel für die lokale Bevölkerung werden traditionnel auf lokalen Bauernbetrieben produziert. Sie sind im Durchschnitt 2ha gross, zusätzlich nutzen sie die Allmenden. Mehr als die Hälfte des Dauergrünlands sei Gemeindeland und für das «Fortbestehen der autarken kleinbäuerlichen und agrarökologischen Landwirtschaft» nötig. Aber… «die riesigen Flächen gemeinsamen Weidelands sollen von den lokalen Behörden an die meistbietenden Unternehmen verpachtet werden». Unnötig zu sagen, dass das kaum die lokalen Landwirt.inn.e.n sind.
Dazu die Artikel von Szöcs-Boruss Miklos Attila, Eco Ruralis,
Das Recht auf Land → erschienen im Archipel 305, Juli 2021
Kennt ein rumänischer Bauer seine Nachbarn noch → veröffentlicht im Archipel 235, März 2015
Landraub in der Ukraine
«Ein grössenwahnsinniges Wintersportprojekt, fanatischer, irrationaler Entwicklungsdrang der Wirtschaft, Missachtung einer wunderschönen Bergregion und alles durchzogen von Korruption: Das ist die traurige Realität» nennt Nicholas Bell vom Europäischen BürgerInnenforum das Projekt, mit dem die Ukraine die Winterolympiade 2030 in die Karpaten holen will.
Dazu der Artikel von Nicholas Bell, EBF,
Olympisches Delirium → veröffentlicht in Archipel 303, Mai 2021
« Die Geschichte von Billigmöbeln ist genauso unschön wie die von Billigkleidern und Billigessen. »
Waldraub in Rumänien
Rumänien verfügt über den grössten Anteil an noch verbleibenden Urwäldern in Europa. Sie sind Hotspots der Biodiversität und dienen als wichtiger Kohlenstoffspeicher. Und sie werden zerstört, illegal abgeholzt. Hinter den Rodungen: ein grosses Netz an korrupten, mafiösen und klientelistischen Systemen, häufig eng verfilzt mit (lokalen) Politiker.innen.
Zur Erreichung ihrer Ziele scheuen sich die grossen Holzfäller-Konzerne nicht, Mittel der Bedrohung, Enteignung und Vertreibung der lokalen Bevölkerung anzuwenden, oft in Zusammenarbeit mit der rumänischen Politik. Lokale Proteste gegen die Umweltzerstörung und soziale Ungerechtigkeit tun die Machthaber als dumm, naiv und uninformiert ab. Kritische Stimmen werden von «der Politik unsichtbar beziehungsweise stumm gemacht. Die Lokalbevölkerung wird dementsprechend nicht einmal missverstanden, sondern einfach gänzlich missachtet.» 2017 gab es landesweite Proteste, es «gründete sich eine grosse Gegenbewegung, die in Bukarest gegen Korruption und Vetternwirtschaft und für eine aktivere Zivilgesellschaft und eine partizipative Demokratie protestierte. Die Forderungen betrafen, nebst den illegalen Holzrodungen auch die demokratiepolitischen Anliegen, da der Schutz der Wälder nur mit einem funktionierenden Rechtssystem möglich ist.»
Dazu der Artikel von Katharina Lindtner, Wien,
Proteste gegen Waldraub → veröffentlicht in Archipel 307, Oktober 2021
Waldraub In der Ukraine
Die Geschichte von Billigmöbeln ist genauso unschön wie die von Billigkleidern und Billigessen.
Die Artikel IKEA auf dem Holzweg (Teil 1 und Teil 2) von Christoph Lehemayr gaben den weltberühmten Grossverteiler-Holzmöbeln plötzlich eine Herkunft. Er ging der Lieferkette nach und zeigte auf, «Wie illegales Holz aus der Ukraine in die Möbel des schwedischen Giganten gerät, was österreichische Holzriesen damit zu tun haben und warum vieles davon geheim bleiben soll.»:
Artikel von Christoph Lehermayr, Journalist,
UKRAINE: IKEA auf dem Holzweg, Teil 1 → veröffentlicht im Archipel 296, Oktober 2020
IKEA auf dem Holzweg, Teil 2 → veröffentlicht im Archipel 297, November 2020
Damit Glasgow nicht umsonst war
Deklarationen und Absichtsbekundungen werden uns nicht weiterhelfen. Wenn Forderungen nicht umgesetzt oder kontrolliert werden, bleiben sie leere Worthülsen, schlimmer noch; Sie wiegen uns im guten Gefühl, dass solche Konferenzen die Welt verbessern werden. Wir erwarten von den Verhandlungsteilnehmer.innen- auch von der Schweizer Delegation-, dass die kritischen Stimmen gehört werden.
Die Wälder sind unsere gemeinsame Lunge, ohne sie ist die Klimakatastrophe nicht zu stoppen.