Bund wegen Untätigkeit in Bezug auf den Klimawandel angeklagt
Am 23. Februar 2024 haben Bauern und Bäuerinnen, Produzentenverbände, Gewerkschaften und NGOs eine Klage gegen den Bund wegen Untätigkeit im Klimawandel eingereicht.
Inhaltsverzeichnis
Anwendung der Bundesverfassung
Die Untätigkeit im Klimabereich führt zu erheblichen Schäden für die Landwirtschaft
Folgen für die Bäuerinnen und Bauern
Landwirtschaft und Ökologie sind Verbündete
Das produktivistische System – ein Sackgasse
Landwirtschaft und Wirtschaft müssen mit den Bauern neu gedacht werden
Für die zukünftigen Generationen arbeiten
Ein persönliches Engagement
Anwendung der Bundesverfassung
Ziel dieser Beschwerde ist es, die Untätigkeit des Bundes in Bezug auf den Klimawandel anzuprangern, die Bevölkerung auf den dringenden Handlungsbedarf aufmerksam zu machen und Druck auf den Bund auszuüben, damit die Bundesverfassung angewendet wird, d.h. :
Art. 2 Zweck
1 Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes.
2 Sie fördert die gemeinsame Wohlfahrt, die nachhaltige Entwicklung, den inneren Zusammenhalt und die kulturelle Vielfalt des Landes.
3 Sie sorgt für eine möglichst grosse Chancengleichheit unter den Bürgerinnen und Bürgern.
4 Sie setzt sich ein für die dauerhafte Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und für eine friedliche und gerechte internationale Ordnung.
Die Untätigkeit im Klimabereich führt zu erheblichen Schäden für die Landwirtschaft
Die BeschwerdeführerInnen prangern die Untätigkeit des Bundes in Bezug auf das Klima an, die schon viel zu lange andauert. Dabei sind die „Grenzen des Wachstums“ seit dem gleichnamigen Bericht des Club of Rome von 1972 bekannt. In der Zwischenzeit wurden regelmässig weitere alarmierende Berichte von Expert*innen veröffentlicht und Warnungen und Demonstrationen haben die Zivilgesellschaft, insbesondere die Jugend, mobilisiert. Dennoch wird der dringend notwendige Wandel nicht vollzogen. „Es ist eindeutig der Bund, der ein Geschäftsmodell gefördert hat und weiterhin fördert, das mit der Ökologie unvereinbar ist, ein Modell, das die Erde ausbeutet, ohne sie zu pflegen“, sagt Yves Batardon. „Das steht eindeutig im Widerspruch zur Bundesverfassung.“
Folgen für die Bäuerinnen und Bauern
„Die ersten, die in der Schweiz vom Klimawandel betroffen sind, sind wir Bäuerinnen und Bauern, wir werden doppelt bestraft. Unsere landwirtschaftliche Produktion wird nicht entsprechend ihrem Wert anerkannt, während sich unser Produktionsumfeld angesichts des Klimawandels verschlechtert. Das vom Bund propagierte Wirtschaftsmodell ermöglicht es heute, mit Medikamenten zehnmal mehr Geld zu verdienen als mit der Herstellung von Brot! Oft wird eine geschlossene Bäckerei durch eine Apotheke ersetzt. Unsere Welt ist krank geworden, es ist an der Zeit, die Verantwortlichen anzuprangern“, sagt Yves Batardon, Bauer und Winzer und Mitinitiator der Klage.
Landwirtschaft und Ökologie sind Verbündete
Der Beschwerdeführer ist klar: „Es wäre falsch, die Landwirte gegen die Ökologie auszuspielen. Ich verfüge zwar nicht über Zahlen aus der Schweiz, weiss aber, dass in Frankreich 62 % der Bäuerinnen und Bauern den ökologischen Wandel für eine Notwendigkeit halten (Quelle: collectifnourrir.fr). Es sind also nicht die LandwirtInnen, die das Problem sind! Die Bäuerinnen und Bauern sind zwischen zwei gegensätzlichen Möglichkeiten hin- und hergerissen: entweder am Wettbewerb teilzunehmen und immer mehr zu produzieren oder zu verschwinden, während sie sich um die Natur kümmern.”
Das produktivistische System, eine Sackgasse
„Sich kümmern,“ fährt Yves Batardon fort, „ist eine Tradition, die die Bauern und Bäuerinnen lange Zeit begleitet hat. Aber heute müssen wir um jeden Preis innovativ sein, Maschinen kaufen und unser altes Saatgut aufgeben. Angesichts des produktivistischen Systems werden die traditionelle Familienlandwirtschaft und die Ökologie als Bremse, als Problem angesehen.“
Landwirtschaft und Wirtschaft müssen mit den Bauern und Bäuerinnen neu gedacht werden
In der Schweiz werden in den nächsten 15 Jahren 50 % der Bauernhöfe zur Übergabe anstehen. Y.B.: „Es ist also an der Zeit, die Lust am Beruf Bäuerin oder Bauer wieder zu wecken und einen dezentralisierten Rahmen für die Erneuerung der Landwirtschaft zu schaffen. Die Herausforderung besteht darin, die Landwirtschaft mit den Bäuerinnen und Bauern neu zu überdenken. Wir brauchen einen echten Umbau hin zu einer gerechteren Gesellschaft. Nur unter diesen Bedingungen können Ökologie und Ernährungssouveränität gedeihen.“
Für die zukünftigen Generationen arbeiten
Heute sind Mensch und Natur mit dem radikalen „bis zum Gehtnichtmehr“ eines Systems konfrontiert, dessen Grenzen ausgereizt sind. In Zukunft wird es unerlässlich sein, einen seriösen sozialen und wirtschaftlichen Rahmen aufzubauen, der die Sicherheit der Bevölkerung und der zukünftigen Generationen gewährleistet.
Wir werden zufrieden sein, wenn unsere Beschwerde zu einer Bewusstseinsbildung beiträgt, die in konkrete Taten umgesetzt wird.
Ein persönliches Engagement
Yves Batardon ist einer der Initiatoren dieser Klage. Er ist Bauer und Winzer auf der Domaine de la Mermière in Soral (GE). Vor 30 Jahren hat er Eichen gepflanzt, um ein Zeichen zu setzen und die Natur zu ehren. Dabei stellte er sich vor, wie seine Urenkel sie im Jahr 2050 in aller Ruhe betrachten würden. „Als Bauer“, sagt er, „möchte ich von den Früchten meiner Arbeit in Würde leben, damit nach mir auch andere von der Arbeit auf dem Land leben können.“