Umfrage
Zur Vorbereitung der Konferenz Macht & Markt, wer entscheidet über unser Essen? wollten wir wissen, wie die Schweizer Bevölkerung ihre Freiheit im Bezug auf ihre Ernährung wahrnimmt. 360 Menschen haben an unserer Umfrage teilgenommen, 38% davon aus der West-, die übrigen aus der Deutschschweiz. Der Fragebogen wurde via Newsletters und Social Media versandt und 53 Interviews wurden mit Passant*innen am Bahnhof und auf dem Wochenmarkt persönlich geführt. Der vorliegende Rapport skizziert gewisse Trends, erhebt aber nicht den Anspruch, auf nationaler Ebene repräsentativ zu sein.
Von den Befragten sind zwei Drittel Frauen, ca. 20% sind zwischen 25-40 Jahre alt, 40% zwischen 40-60, und ungefähr 35% sind über 60. Rund 63% der Teilnehmer*innen sind angestellt oder selbständig. Etwas über 21% sind pensioniert.
Im Folgenden fassen wir die Resultate und Tendenzen zusammen, die aus der Umfrage hervorgingen und wir für wesentlich hielten.
Gern Kochen, gern Essen
Die grosse Mehrheit gab an, gerne zu Kochen (88% in der Romandie, 83% in der Deutschschweiz) und fast 100% sagen, dass sie gerne essen.
Die Mehrheit der Mahlzeiten, die zu Hause eingenommen werden, werden auch zu Hause zubereitet. Und für die Hälfte der Personen ist das Abendessen die Hauptmahlzeit.
Angebot und Nachfrage
Bloss 8% sagen, dass sie sich nicht für die Zusammensetzung von Fertigprodukten interessieren. Aber von den 92%, die auf die Zusammensetzung achten, kaufen 13% trotzdem das Produkt, das Inhaltstoffe enthält, die sie eigentlich nicht möchten, sofern keine Alternative angeboten wird (17% in der Deutschschweiz, 13% in der Romandie).
Auslage und Sonderangebote
Fast die Hälfte der Befragten sagen, dass sie Produkte wählen, die speziell platziert und/oder als Sonderangebot präsentiert werden.
Für 11% der Deutschschweizer*innen und 7% der Personen aus der Romandie machen Spontaneinkäufe zwischen ¼ – ½ ihres Warenkorbes aus. 50% der Befragten schätzen, dass sie bis ein Viertel der Lebensmittel ungeplant einkaufen.
Schweizer Produkte
Über 90% der Teilnehmer*nnen sagen, sie kaufen Schweizer Produkte und fast 85% kaufen regionale und ökologische Produkte. Allerdings kauft die gleiche Anzahl Menschen manchmal bis häufig industrielle Fertigprodukte.
Die grosse Mehrheit (96%) der Befragten interessiert sich für die Bedingungen, unter denen die Lebensmittel produziert wurden (Arbeitsbedingungen, Löhne, Kinderarbeit).
Einzelhändler
Auf die Frage «Sind Sie der Meinung, dass die grossen Einzelhandelsunternehmen auf die Bedürfnisse der Konsument*innen reagieren?» antworteten 64% der Befragten aus der West- und 39% aus der Deutschschweiz, sie berücksichtigen die Bedürfnisse der Konsument*innen «überhaupt nicht» oder «sehr wenig».
Fast 2 von 3 Personen haben eine Treuekarte.
Kaufkriterien
Am wichtigsten finden die Befragten Saisonalität der Produkte (84% der in der Deutschschweiz Befragten und 86% der in der Westschweiz Befragten), gefolgt von der Regionalität (80% in der Deutschschweiz, 90% im Welschland). Ebenfalls wichtig sind unverarbeitete Produkte (75% in der Deutschschweiz und 78% Westschweiz) und biologische Produkte (69% in der Deutschschweiz und 71% in der Welschschweiz).
Der Preis ist für 54% der in der Westschweiz Befragten wichtig und für 31% derjenigen, die den Fragebogen in der Deutschschweiz ausgefüllt haben.
Abfall
Unsere Befragung zeigt auch eine Tendenz für weniger Foodwaste: 69% resp. 82% sind bereit, kurz vor Ladenschluss nicht mehr das gesamte Sortiment zur Verfügung zu haben, wenn dies dazu beiträgt, die Verschwendung zu reduzieren. Bezüglich Verpackungsverschleiss sehen allerdings nur 38% der in der Deutschschweiz Befragten und 60% der im Welschland Befragten die Möglichkeit, diesen zu verringern.
Über 90% der Befragten denken, ihr Konsum habe einen Einfluss auf Drittländer und Drittpersonen.
Wer bestimmt, was Sie essen?
Auch wenn die Menschen erkennen, dass verschiedene Faktoren das Lebensmittelangebot beeinflussen – politische Vereinbarungen, Multinationale, Grossverteiler und Bäuerinnen und Bauern – die Mehrheit denkt, dass schlussendlich sie selber entscheiden, was sie essen.
Zu verbessern
Praktisch alle Befragten sehen Verbesserungsbedarf im Ernährungssystem. Auf die Frage, was sie ändern würden, antworteten 70% «das Angebot lokaler Produkte erhöhen», 69% wünschten sich mehr Transparenz in der Wertschöpfungskette, 65% bessere Information und Sensibilisierung der Bevölkerung, und 60% würden die Produzent*innenpreise erhöhen.
Schlussfolgerungen
Die Personen, die an der Umfrage teilgenommen haben, kochen gerne und essen gerne. Das zeigt, dass Essen nicht nur Nahrungsaufnahme, sondern wahrscheinlich auch Genuss bedeutet. Sie bevorzugen Schweizer und saisonale Produkte. Die grosse Mehrheit gibt an, sich für die Produktionsbedingungen der Lebensmittel zu interessieren. Und ¾ von ihnen bevorzugen den Kauf von Rohprodukten, auch wenn gleichzeitig die gleiche Anzahl von Personen angibt, verarbeitete Produkte zu kaufen, informieren sie sich dennoch darüber, was diese enthalten.
Die Befragten sind sich bewusst , dass andere Akteure (Freihandelsabkommen, multinationale Unternehmen, Supermärkte usw.) über die ihnen angebotenen Lebensmittel entscheiden, und haben dennoch den Eindruck, dass die Wahl der Lebensmittel bei ihnen selber liegt (auch in Abhängigkeit von ihrem Geldbeutel und dem Geschmack der Menschen, mit denen sie zusammenleben).
Auch wenn 64% der Befragten in der Westschweiz und 39% in der Deutschschweiz antworten, dass die grossen Einzelhandelsunternehmen überhaupt nicht oder nur sehr wenig auf die Verbraucherinnen und Verbraucher hören, haben ⅔ der Befragten eine Kundenkarte, wahrscheinlich um Zugang zu Preisnachlässen zu erhalten, denn 54% der Westschweizer (37% Deutschschweizer) sagen, dass das Portemonnaie ein Kriterium für die Wahl der Lebensmittel ist, und 21 Prozent sagen, dass sie oft bis sehr oft die Lebensmittel kaufen, die in den Vordergrund gestellt und/oder in Aktionen angeboten werden.
Interessant ist auch, dass weniger als 1 % der Befragten nichts an der Lebensmittelwertschöpfungskette ändern möchten. Alle andern würden, wenn sie etwas in der ändern könnten, „das Angebot an lokalen Produkten erhöhen“ (70%), „die Preise für die Erzeuger erhöhen“ (60%), „mehr Transparenz in der Wertschöpfungskette“ (69%), „bessere Information und Bewusstseinsbildung der Bevölkerung“ (65%).