Wald-statt Holzwirtschaft
Holz ist eine Ressource, die, bei nachhaltiger Waldbewirtschaftung, anderen Rohstoffen nicht nur als Energieträger in vielerlei Hinsicht überlegen ist.
Einleitung
Ein Drittel der Schweizer Landfläche besteht aus Wald. In den Kantonen Jura und Tessin sogar 70 Prozent. Mit über 360 Kubikmeter Holz pro Hektare Wald verfügt die Schweiz in Europa über die grössten Holzvorräte pro Kopf der Bevölkerung. Das pro Jahr in der Schweiz produzierte Nutzholz entspricht seit einigen Jahren so ziemlich dem hiesigen Verbrauch. Dennoch nehmen die Holzimporte in letzter Zeit zu, während gleichzeitig Holz exportiert wird. Theoretisch wäre es aber problemlos möglich, den Schweizer Bedarf völlig mit einheimischen Produkten trotz wachsender Nachfrage zu decken. Denn Holz liegt in vielerlei Hinsicht im Trend.
Mehr Holz als wir brauchen
Die Schweiz verbraucht pro Jahr laut dem Waldeigentümerverband «Wald Schweiz» pro Jahr 10.5 Millionen Kubikmeter. Die Hälfte davon zur Energiegewinnung – sprich als Brennholz, Pellets und Ähnliches – der Rest zur Hälfte als Baumaterial, für Möbel und Gebrauchsgegenstände, zur anderen Hälfte für Papier, Karton und dergleichen. Dabei wird die Hälfte der Papier-und Kartonprodukte laut Bundesamt für Umwelt (BAFU), besteht aus Recyclingprodukten.
Holz ist im Trend
Das Bewusstsein für Nachhaltigkeit, für Rohstoff aus der Region und damit für regionale Wertschöpfung ist durch die Klimaerwärmung in den letzten Jahren stark gestiegen. Um Holz kommt dem sehr entgegen. Erstens, weil das nachwachsende Holz durch die Verbrennung freigesetztes CO2 wieder absorbiert. Außerdem ist die Holzproduktion, im Gegensatz zum Abbau von fossilen Brennstoffen, relativ wenig energieaufwändig. Und der Energieträger muss auch nicht wie Kohle, Öl oder Gas über große Strecken transportiert werden, sondern wächst in der ansonsten rohstoffarmen Schweiz praktisch vor der Haustür. Kommt hinzu, dass innovative Unternehmen immer effizientere Holzöfen und Heizanlagen produzieren und damit nicht nur die Energieeffizienz steigern sondern auch die durch Holzheizungen verursachten Feinstaubemmissionen vermindern.
CO2- Ausstoss verringern
Laut BAFU liessen sich, durch die Verwendung von zusätzliche 1 Million Kubikmeter Festholz im Bauwesen und 5,5 bis 7 Millionen Kubikmetern Brennholz im Jahr ca 2,5 Millionen Tonnen CO2 einsparen was immerhin mehr als 2.4 Prozent des Gesamtaufkommens wäre..
Zudem ist Holz weit mehr als nur Brennstoff und Verpackungsmaterial. Holzprodukte können in fast allen Lebensbereichen, bis hin zum Baustoff für grosse Gebäudekomplexe unökologische bis hoch giftige Werkstoffe wie Beton, Stahl, Alumium und sogar das allgegenwärtige Plastik in grossem Stil ersetzen. Schon jetzt ist Holz der einzige, praktisch emmissionsfreie Bau- und Dämmstoff, der im grossen Stil eingesetzt wird.
Diesen Effekt optimiert die sogenannte Kaskadennutzung. weil mit jeder Einheit Holz an verschiedenen Stellen ein anderer Rohstoff ersetzt oder eingespart werden kann. Dabei bleibt das Holz so lang wie möglich so hochwertig wie möglich, zum Beispiel als Möbel oder Baustoff, im Umlauf. Erst die anfallenden Abfälle werden zu Brennstoff, Papier oder Karton, wovon letztere wieder reziklierbar sind.
Nicht nur verbrennen
Dennoch haben wir bis zur wirklich klimafreundlichen und nachhaltigen Waldbewirtschaftung noch einen weiten Weg vor uns. Zum einen beklagt der Damit die Kaskadennutzung wirklich Sinn macht, müsste eigentlich grösstenteils Schad-, Rest- und Abfallholz in Form von etwa Pellets oder Briketts im Feuer landen. Aber durch die gestiegenen Feuerholzpreise steigt eher der Anteil gesunden Baumholzes bei der Holzbeheizung. Hingegen beklagt die Bauwirtschaft einen Mangel an gutem Bauholz. In Bayern wurde publik, dass im grossen Stil und erst noch staatlich subventioniert, sogar offiziell ökozertifizierte Heizpellets aus hochwertigen Holzbrettern produziert werden und was Gewinnbringender als die Produktion von Bauholz ist.
Auch in der Schweiz beklagt die Bauwirtschaft einen Mangel hochwertigem Bauholz, weil sich durch die gestiegenen Energiepreise die Brennholzproduktion besser rentiert.
Wälder sind komplexe Organismen
Auch sind die Schweizer Wälder, obwohl vergleichsweise gross und ertragreich nur selten wirklich optimal genutzt. Ein Wald ist eben nicht nur einfach Holz. Bei richtiger Bewirtschaftung könnte ein Wald weit mehr CO2 binden, als durch die Verarbeitung oder Verheizung der entnommenen Bäume entsteht.
Für eine nachhaltigere Holzwirtschaft muss die Waldfläche wachsen. Der Wald ist keine Anhäufung von Bäumen, sondern ein kompliziertes System, oder wie eine wachsende Zahl von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen finden, ein Organismus. Der Schweizer Professor und Forstwissenschaftler Ernst Zürcher zieht sogar in Erwägung, dass es sich beim Wald um eine regelrechte Entität mit einer Art von Bewusstsein sein könnte. Sicher ist, dass die Schweizer, wie alle europäischen Nutzholzwälder, zu wenig durchmischt, zu dicht und zu extensiv bewirtschaftet werden, um ein optimales Gleichgewicht zwischen Ertragsmenge, Holzqualität und gesunden Schädlings- und Krankheitsresistenten Lebensräumen für Wildtiere, andere ökologisch wichtige Pflanzen Bodenlebewesen und auch für die verbesserung der Qualität unserer Atemluft und des Trinkwassers zu gewährleisten. Zum Beispiel bindet der Wald ein mehrfaches an CO2, je länger die Bäume stehen bleiben. Es ist verständlich, dass die Holzproduzenten möglichst schnell möglichst viel Holz entnehmen möchten. Doch auf lange Sicht leidet ein Wald ohne Durchmischung von Baumsorten und Generationen, ausreichend Zwischenräumen und für Waldarbeitende störendem Dickicht und einer gewissen Menge nährstoffspendendem Totholz wie jeder fehlernährte Organismus an Mangelernährung.
Noch weiter entfernt sind wir von den Vorstellungen von Professor Ernst Zürcher (Siehe Kasten), der als Lehrstuhlinhaber propagiert, auch die Wechselwirkung von (messbaren) elektronischen Strömen, den Einflüssen von Mond und Gezeiten bei der Pflege und Nutzung von Wäldern einfordert. Im Gegensatz zur Technischen Universität Dresden die in einer Studie keinen Zusammenhang zwischen Mondphasen und Holzqualität nachweisen konnte, sieht Zürcher hier sogar einen – in umfangreichen Forschungen erwiesenen Zusammenhang. Unbestritten ist jedenfalls, dass sowohl die Auswahl der richtig gewachsenen Bäume als auch die Holzernte zum richtigen Zeitpunkt und die richtige Lagerung, Trocknung und Verarbeitung des Holzes zu einer guten Qualität beitragen. Zürcher hält sogar für belegt, dass das in bestimmten Mondphasen geerntet wird, einen besseren Schutz gegen Pilze aufweist, weniger an Insektenbefall leidet und schwer brennbar ist. Es kann also auf gesundheitsbelastenden Leim und Chemie verzichtet werden.
Zwar erfreuen sich Zürchers Untersuchungen zusehends auch in der Holzwirtschaft und im Ausbildungswesen für Försterinnen und Förster zunehmnder Beliebtheit. Bis in nennenswertem Umfang aber nach seinen und ähnlichen Ansätzen im grossen Stil Nutzholz produziert wird, vergeht wohl noch einige Zeit. Es gibt zwar bereits sogenanntes Mondholz im Handel und auch eine rege Nachfrage. Aber das Mondholz ist im Vergleich sehr teuer, was viele Holzkäufer abschreckt.
Immerhin. Das der Wald in Zukunft nachhaltig und naturnah bewirtschaftet werden soll, ist zumindest theoretisch mittlerweile Konsens und erklärtes Ziel des BAFU. Das Problem ist, wie erkennen die Konsumentinnen und Konsumenten, ob ihr Holz aus nachhaltiger Bewirtschaftung kommt. Labels allein sind oft trügerisch. So deckte Greenpeace 2021 auf, dass die allgemein empfohlenen Labels FSC und RSPO Holz aus Raubrodungen das Nachhaltigskeitslabel vergab. Neue Recherchen des International Consortium of Investigative Journalism (ICIJ), an der 39 Medienpartner weltweit beteiligt sind, haben ergeben,zahlreiche Unternehmen zertifizierte Holzprodukte verkaufen, obwohl diese die Branchenstandards verletzen.
Die EU arbeitet derzeit an einem Gesetz gegen solches «Greenwashing». Bis dahin – und bis in der Schweiz ähnliche Gesetzesvorlagen bestehen, bleibt den hiesigen Holzkaufenden nicht viel, als dem Verband Holzbau Schweiz (Lignum) zu vertrauen und Holz mit dem Label Schweizer Holz vorlieb zu nehmen. Damit ist immerhin gewährleistet, dass das Holz aus der Schweiz oder Liechtenstein kommt und wenigstens nicht über den halben Globus transportiert oder in bedrohten Urwäldern gerodet wurde.
Ernst Zürcher
Ernst Zürcher ist Forstingenieur, Doktor der Naturwissenschaften, emeritierter Professor für Holzwissenschaften an der Berner Fachhochschule und Buchautor. Als Wissenschaftler beschäftigt er sich insbesondere mit der Chronobiologie von Bäumen und ihrem Potential zur Kohlenstoffsequestrierung.
Links
Buch von Ernst Zürcher
Videos :
www.youtube.com/watch?v=Xv65YlHLMzA
www.youtube.com/results?search_query=ernst+zürcher
Andere Links :
Aktionsplan Holz des BAFU
Lignum (Verband Holzbau Schweiz)
Holzratgeber – Greenpeace