Die Balance halten
Dieses sanfte „Gleichgewicht“, das die Erde ganz natürlich anstrebt und das uns manchmal so ungerecht, so grausam erscheint. Dieses Streben nach Homöostase führt zu sintflutartigen Regenfällen, lässt Böden und Vulkane beben und ganze Regionen austrocknen. Es ist ganz einfach eine Form der Kompensation, die die Erde vornimmt, um sich zu regenerieren, nachdem wir ihre Ressourcen aus unerreichten Tiefen geholt, ihre Böden ausgetrocknet haben, um unsere Intensivkulturen zu bewässern, ihr blaues Gold mit unseren Pestiziden und anderen in die Abwässer geleiteten Abfällen verseucht haben. Die Erde versucht gewissermassen um ihres Überlebens willen, ein Gleichgewicht herzustellen, so wie wir es auch ganz natürlich und manchmal ohne unser Wissen tun. Nachdem man sich selbst unter Druck gesetzt hat, allein oder beeinflusst von der Aussenwelt, unter Zeitdruck, auf der Suche nach Anerkennung oder Geld, wird man zu seinem eigenen Unterdrücker und plötzlich kommt es zu Depressionen, zum Burn-out… es ist das gleiche Phänomen. Was für eine wunderbare und zugleich beunruhigende Parallele zwischen der Erde und dem Menschen, wir sind eins, und einige Kritiker täten gut daran, dies dringend zu verinnerlichen.
Eine perfekte Homöostase
Die Magie des menschlichen Körpers ist im Mikrokosmos das Äquivalent dessen, was man im Makrokosmos auf planetarischer Ebene findet. Beim Menschen spricht man von Homöostase: dieses wunderbare Streben nach Gleichgewicht im Blut, in den verschiedenen Systemen und Organen, um ganz einfach gesund zu bleiben. Der Körper setzt Kompensationsmechanismen ein, um das Gleichgewicht zu halten und eine Explosion oder Implosion zu vermeiden, je nach Charakter. In jungen Jahren funktioniert in der Regel alles ziemlich gut, ein kräftiger Fieberschub, Appetitlosigkeit, viel Schlaf und schon geht es wieder los. Wenn man den Körper und vor allem der Zeit ihre Arbeit machen lässt, ohne die Pharmazie einzubetiehen, wirken Intelligenz und Weisheit des Körpers sie reparieren und man lernt für den Rest seines Lebens. Die Gesundheit im Allgemeinen bleibt jedoch von vielen Faktoren abhängig, wie z. B. der äußeren Umgebung, aber auch der Qualität unserer Ernährung, der eventuellen Einnahme von Medikamenten, Unfällen im Leben und der Genetik. Selbst wenn der Körper ein Wunderwerk ist, kann er manchmal den Angriffen von außen nicht standhalten und Krankheiten stellen sich selbst bei den körperlich und geistig Ausgeglichensten unter uns ein.
Wir alle machen die Erfahrung, unsere Grenzen zu überschreiten. Genauso wie die Erde Brachzeiten braucht, brauchen wir unsere Ruhe- und Assimilationszeiten: körperliche Ruhe im Liegen, geistige Ruhe in Stille und ohne Aufregung oder physiologische Ruhe durch Verdauungsruhe. Deshalb ist eine gute Nachtruhe, die diese drei Formen der Erholung vereint, für unser Wohlbefinden von entscheidender Bedeutung. Indem er sich vom Lebendigen trennte und es übermässig ausbeutete, störte der Mensch dieselbe Magie, die auf der Erde wirkte, und schoss sich selbst in den Fuss. Jeder halbwegs gebildete Mensch kann es nicht mehr leugnen, und jeder weiss, dass die Natur immer ihren Willen durchsetzen wird, und die Erde wird es schaffen, was auch immer geschieht. Wenn wir jedoch ernsthaft an unserer Zukunft auf dieser Erde zweifeln, bleibt uns nur eines übrig: Verantwortung zu übernehmen.
Ähnlichkeiten, die nicht täuschen
Wir können die Entwicklungen, die uns wie durch Genetik mit der Erde verbinden, nicht leugnen. Jeder ist sich der Verschlechterung der Bodenqualität bewusst, immer schlechter werdender Humus, kaum noch mikrobiologische Aktivität. „Es ist die Wüste!“, wie es der berühmte französische Agraringenieur Claude Bourguignon so treffend formulierte. Und doch ist der der Boden die Basis der Pyramide in der landwirtschaftlichen Produktion, wie seine Frau sehr genau formulierte. Dasselbe gilt für den menschlichen Humus, d. h. das Mikrobiom, insbesondere im Darm.
Studien haben eine allgemeine Verarmung und ein Ungleichgewicht in der Vielfalt des Mikrobioms gezeigt, die vor allem auf eine Ernährung zurückzuführen sind, die immer weniger auf unsere Flora abgestimmt ist (Mangel an essentiellen Mikronährstoffen, zu viele Kohlenhydrate, Zusatzstoffe, Süssstoffe, Alkohol …), Stress und die Einnahme von Medikamenten, um nur einige Beispiele zu nennen. Wie Ernährungswissenschaftler aber sagen: „Ein gutes Mikrobiom ist die Grundlage für eine gute Gesundheit!“ Der Rückgang der Vielfalt der Darmflora wirkt sich direkt auf unsere Gesundheit und unsere Immunität aus und ist die Ursache für zahlreiche Zivilisationskrankheiten, wie Depressionen, Alzheimer und Diabetes Typ 2, die immer häufiger auftreten.
Diese letzte Parallele zeigt uns, inwiefern der Rückgang der Nährstoffdichte von Lebensmitteln, der vor allem auf die Verarmung der Böden zurückzuführen ist, direkte Auswirkungen auf unsere Gesundheit hat. Weniger Vitamine und Mineralien in den Böden, weniger in den landwirtschaftlichen Produkten, weniger auf unserem Teller und weniger in unserem Körper und Mikrobiom, so lautet die Logik. Wie viele Menschen sind heute einer Unterversorgung mit bestimmten Nährstoffen oder sogar Mangelerscheinungen ausgesetzt. Man beobachtet zum Beispiel die Rückkehr des Skorbuts, die auf einen starken Vitamin-C-Mangel zurückzuführen ist, und im Internet sowie in Apotheken ist ein explosionsartiger Anstieg der Verkäufe von Nahrungsergänzungsmitteln zu erkennen. Die Wiederherstellung des Gleichgewichts des „Darmhumus“ ist heute eine anerkannte Therapieform, um bestimmte Krankheiten, insbesondere Autoimmunerkrankungen wie Morbus Crohn, zu heilen.
Eine für alle und alle für eine!
Unser Freund und Mitbegründer von agrarinfo, Thomas Gröbly, hat in seinem letzten Buch interessante Gedanken über die Schwierigkeit des Menschen formuliert, die Bedeutung von begrenzten Ressourcen und nachhaltiger Entwicklung zu begreifen. Da der Mensch Schwierigkeiten hat, seine eigenen Grenzen zu akzeptieren und mit der Angst vor dem Tod konfrontiert ist, sei er auch nicht in der Lage, die Grenzen des Planeten und damit das mögliche Aussterben von Arten zu akzeptieren. Der Erfolg des Konzepts der Nachhaltigkeit beruht dennoch auf der Achtung von Grenzen (Ressourcen, Wachstum…). Die Entwicklung der eigenen Resilienz und das Erkennen der eigenen Grenzen, um das Konzept der nachhaltigen Entwicklung in unserem Leben und auf der Erde zu verstehen, zu integrieren und umzusetzen, ist ein interessanter Weg, um aus der Krise herauszukommen.
Es ist nicht der einzige, und wir werden Ihnen einen weiteren nennen, der unsere Aufmerksamkeit bei agrarinfo.ch sehr in Anspruch nimmt, da er in engem Zusammenhang mit unserer Ernährung und dem Klima steht. Es handelt sich dabei um die Planetary Health Diet der EAT-Lancet-Kommission. Der ideale Teller (siehe Grafik unten) ist zweifellos gut für unsere Gesundheit und gut für unseren Planeten: eine Ernährung, die überwiegend aus Pflanzen besteht und bei der der Anteil tierischer Produkte wieder seinen richtigen Stellenwert erhält. Was für eine positive Nachricht!
Und was aus der Grafik nicht hervorgeht, aber aus der Studie deutlich zu entnehmen ist, sind die empfohlenen Mengen, die sich den Normen annähern, d. h. 2500 kcal pro Tag, da der übermässige Konsum heute eine der Hauptursachen für Gesundheits- und Umweltprobleme ist. Mit diesen Ergebnissen sind wir also auf dem Weg zum Leben und nicht mehr zum Überleben. Wer geht mit uns?
LASST UNS GEMEINSAM FÜR DIE EINHALTUNG DES KLIMAABKOMMENS MARSCHIEREN – DER BLAUE MARSCH
Quellen
Rapport: EAT-Lancet Commission: Planetary Health Diet
Interview: Landwirtschaftliches Bodenleben, Fruchtbarkeit – Interview mit Lydia und Claude Bourguignon, Terre & Nature 2017,
Artikel: Darmflora, ein ernsthafter Hinweis auf die Entstehung vieler Krankheiten; publiziert auf insrem.fr, 2021,
Buch: Einen Augenblick staunen – Thomas Gröbly