Jura: Bäuerlicher Kampf gegen ein Tiefengeothermie-Projekt
Léa Petitjean-Gisiger, Landwirtin und JRK-Mitglied, Berlincourt (JU), schrieb diesen Artikel für Die unabhängige bäuerliche Zeitung der Bäuerinnen- und Bauernorganisation uniterre:
Im Jahr 2012 begann in der Gemeinde Haute-Sorne im Jura die sinnlose und schreckliche Geschichte der Errichtung eines in der Schweiz einzigartigen geothermischen Versuchskraftwerks. Schnell stellte sich heraus, dass dieses Projekt insbesondere für die Umwelt enorme Risiken birgt. Wir nutzen heute alle Mittel, um unsere Angst und unsere Wut herauszuschreien. Vor allem aber wollen wir unser Wissen weitergeben. Denn wir wollen, dass möglichst viele Menschen darüber informiert werden, was hier geschieht.
Dieses Projekt zur petrothermalen (1) Tiefengeothermie ist schlichtweg ungeheuerlich. Es hat nichts mit der Geothermie von Wärmepumpen oder der hydrothermalen Geothermie mittlerer Tiefe zu tun, wie sie beispielsweise in Lavey oder Genf praktiziert wird. Das Pilotprojekt in Haute-Sorne sieht eine Bohrung von einer Tiefe von 5 km vor, die dann horizontal über 1,5 km umgelenkt wird. Sobald die Bohrung abgeschlossen ist, werden die Projektentwickler*innen die Fracking-Technik (hydraulische Frakturierung) anwenden, um das Gestein aufzubrechen und, so die Hoffnung, Wärme für die Stromerzeugung zu gewinnen. Diese Methode ist auf dem Gebiet mehrerer Kantone verboten. Bei dieser Technik, die aus der Welt der Erdölgewinnung stammt, werden Flüssigkeiten unter hohem Druck in grosse Tiefen injiziert, um das Gestein zu zerbrechen und ein geothermisches Reservoir zu schaffen. Mit diesem Verfahren sind zahlreiche Risiken verbunden, wie etwa die Auslösung von induzierten Erdbeben. Im Jura wird die Erde beben. Die Befürworter des Projekts schreiben selbst: „Letztendlich ist es das Projekt selbst, das zuverlässige Informationen über die seismische Reaktion des Untergrunds liefern wird.“ Wir sind also Versuchskaninchen, nicht mehr und nicht weniger. Der Standort wurde übrigens ausdrücklich deshalb gewählt, weil unsere sehr ländliche Region im Gegensatz zu den grossen städtischen Zentren der Schweiz eine geringe Bevölkerungsdichte aufweist.
Aber es gibt noch viel Schlimmeres als die Gefahr von Erdbeben und Gebäudeschäden. Das Projekt soll eine astronomische Menge an Wasser verbrauchen, mehr als 400 Millionen Liter, die aus dem lokalen Bach Tabeillon und aus dem Trinkwassersystem entnommen werden. Die Landwirtschaft ist bereits schwer von den Folgen der globalen Erwärmung betroffen: Ein trockener Sommer folgt dem anderen und es wird aufgrund des Wassermangels immer schwieriger, die Böden zu bewirtschaften. Es ist inakzeptabel, dass ein solches Projekt die Erlaubnis erhält, derartige Mengen an Wasser anzuzapfen, im Wissen, wie knapp das rare Gut vor allem im Sommer ist.
Das Projekt birgt auch die Gefahr der Verschmutzung des Grundwassers und des Bodens. Die Gefahren bestehen in allen Phasen des Projekts, auch langfristig, da die Zementierung zwischen den Verrohrungen und dem Gestein zwangsläufig undicht werden wird. Dadurch können potenziell Grundwasservorkommen aus unterschiedlichen Tiefen miteinander in Kontakt kommen. Dies ist ein unvermeidliches Korrosionsphänomen, und diejenigen, die behaupten, dass die Alterung der Anlagen nicht problematisch sein wird, sind Lügner*innen. Die Irreversibilität der physikalischen Prozesse des Materialabbaus ist eine Realität, der sich die Menschen nicht entziehen können und nie entziehen werden! Wasser ist für unsere lokale Landwirtschaft und für uns alle lebensnotwendig. Wir müssen es unbedingt und um jeden Preis schützen.
Und schliesslich, für diejenigen, die sich diese Frage stellen: Das Projekt wird sich wirtschaftlich nicht einmal lohnen. Es ist so gut wie sicher, dass das Kraftwerk niemals auch nur eine Kilowattstunde Strom produzieren wird. Wir dürfen nicht vergessen, dass es sich um ein Pilotprojekt handelt. Sogar nach Meinung der Fachleute ist es unwahrscheinlich, dass es funktionieren wird. Und selbst wenn, wird die Lebensdauer des Kraftwerks auf etwa 20 Jahre geschätzt, danach wird der Untergrund abgekühlt sein und somit nicht mehr nutzbar. Grundsätzlich wäre geothermische Energie erneuerbar, wenn sie die Energie bis zu einem bestimmtem Volumen nicht stärker nutzt, als dass der Untergrund durch den Wärmestrom aus dem Erdinneren wieder aufgeladen wird. Die petrothermale Tiefengeothermie dagegen ist nicht erneuerbar! Wenn also das Experiment einer privaten Zürcher Firma unser Leben zerstört hat, wenn unsere Umwelt verschmutzt und all unsere Bemühungen umsonst waren, was bleibt uns dann noch? Nun, es werden einige wissenschaftliche Daten übrig bleiben, die den Promotor*innen Argumente liefern, um eine andere Region zu täuschen, und es werden ein Loch und Probleme übrig bleiben, die unmöglich zu bewältigen sind. Uns und unseren Kindern wird nichts bleiben. Wir sind dagegen, uns im Namen der Wissenschaft und im Namen einer schlecht durchdachten Energiewende zu opfern, die nur noch tiefer in den Überkonsumismus führt, anstatt eine langfristige Vision für das nachhaltige Funktionieren unserer Gesellschaften zu haben.
Wir sind davon überzeugt, dass das Stimmvolk in dieser Angelegenheit die Möglichkeit haben muss, angehört zu werden. Von Anfang an war dieses Projekt ein Versagen der Demokratie. Die Behörden haben eine Petition mit 1600 Unterschriften vom Tisch gewischt, eine Initiative mit 4133 Unterschriften torpediert, die Forderung nach einem Stopp des Projekts ignoriert, die von 37 Unternehmen des Kantons mit über 1000 Arbeitsplätzen unterstützt wurde, eine parlamentarische Motion sabotiert, die einen definitiven Stopp des Projekts forderte und von der Mehrheit des Parlaments angenommen wurde, und schliesslich abgelehnt, dass in diesem Jahr eine Konsultativabstimmung über die Gemeinde durchgeführt wird. Wie kann es sein, dass die demokratischen Mittel und das Parlament übergangen werden? Warum wird dem Stimmvolk das Stimmrecht genommen?
Da wir auf legalem Weg kein Gehör finden, greifen wir zu anderen Mitteln. Die Zeit drängt, denn die Bauarbeiten werden noch in diesem Jahr beginnen. Wir sind schon viele, aber wir brauchen Ihre Unterstützung. Helfen Sie uns, diese Informationen zu verbreiten und lassen Sie uns unsere Kräfte bündeln. Um unser lebensnotwendiges Grundwasser für uns alle und für zukünftige Generationen zu schützen, rufen wir zu einer starken und friedlichen Mobilisierung von Landwirtschaft und Bevölkerung auf. Wenn Sie sich auf der Internetseite der Opposition www.crjsuisse.ch registrieren, erhalten Sie Informationen über die Demonstrationen und können präsent sein, um unsere Region und die lokale Landwirtschaft zu retten.
(1) Bei der petrothermalen Geothermie wird in 4 bis 5km Tiefe die Wärme des Grundgesteins genutzt.