Für die Rekrutierung der Referenten für die erste bäuerliche Tagung über die Vorteile der Gentechnologie führte ich 1986 viele Gespräche mit Wissenschaftern. Dabei lernte ich sehr viel über die verschiedenen Züchtungsmethoden. Als Mitglied der begleitenden Expertengruppe der ART Reckenholz / Tänikon war ich über Jahre an vorderster Front in die Diskussion über die Agrarforschung eingebunden.
Ich bin überzeugt, dass viele Forscher in der grünen Gentechnik die Lösung des Hungerproblems auf Erden sehen. Die wissenschaftliche Voraussetzung der Fokussierung des Blicks auf stark eingegrenzte Blickfelder und Massnahmen verstärkt diesen Lösungsansatz. Dem gegenüber spürt der Bauer das ganze Umfeld zwischen Lebenskraft und Krankheitsanfälligkeit. Für ihn ist die Frage, was mache ich falsch, dass Krankheiten und Schädlinge auftreten ebenso wichtig, wie die Frage, wie Krankheiten und Schädlinge ausgerottet werden können. Die Lösung der Problemursachen entlastet die Bauern und Konsumenten vom Leidensdruck und auch finanziell, die Behandlung der Symptome bereichert die Pharmaindustrie und lässt die Gewinne ins Traumhafte steigen. Die gegenwärtig stattfindende Schuldzuweisung und Diffamierung als fundamentale Fantasten einerseits und skrupellose Abzocker anderseits führt uns nicht weiter. Gefragt ist eine sachliche Diskussion über das Wesen der in Erde, Pflanzen, Tieren und Menschen ablaufenden Prozesse, und dies zwischen professionellen Wissenschaftern und ebenso professionellen Bauern auf gleicher Augenhöhe. Denn der Umstand, dass all diese Bereiche nach einem universellen Plan mit einander verbunden sind macht die grüne Gentechnik erst möglich. Was ich in 40 jähriger privater Forschung erlebt habe ist ebenso professionell wie die Forschungen im Labor.
Was ist denn so anders bei genmanipulierter Züchtung?
Bis ca 1950 wurden Pflanzen durch Auslese und Vermehrung der Besten und Kreuzungen innerhalb der gleichen Pflanzenarten gemacht. Mit der Steigerung des Einsatzes von Stickstoffdünger um das Siebenfache traten vermehrt Schädlinge und Krankheiten auf, was den immer stärkeren Einsatz chemischer Hilfsstoffe nach sich zog. Mit der in der gleichen Zeit einsetzenden Veränderung des pflanzlichen Erbgutes durch chemische Substanzen oder nukleare Behandlung, (eine Art Vorstufe zur Gentechnik) wurde der erste unnatürliche Eingriff in das Erbgut der Pflanzen möglich. Damit wurden künstlich Gen Mutationen(1) ausgelöst. Es entstanden einzelne Pflanzen mit besserer Resistenz gegen Schädlinge und Krankheiten aber auch sehr viele die noch viel anfälliger waren als die unbehandelten. Wichtig ist die Tatsache, dass bis auf wenige Ausnahmen die so erreichten Resistenzen nach wenigen Jahren durch pflanzeneigene Genmutationen verloren gingen, wenn das Standortmilieu der Pflanzen nicht pflanzenverträglicher, das heisst den Bedürfnissen der Pflanzen angepasster verändert wurde.
In dieser Beziehung liegt der einzige Unterschied der neuen Genmanipulation GVO zur Züchtung der letzten 60 Jahre darin, dass Gene aus andern Pflanzen oder Organismen gezielt eingeschleust werden können, Das gewünschte Merkmal wird so schneller erreicht. Wäre zum Beispiel die Erhöhung der Glutengehalte (Kleber) bei Weizen gentechnisch angegangen worden, hätten wir schon länger viel höhere Glutengehalte im Weizen. Die industriellen Schnellbackprozesse hätten die althergebrachten Backprozedere mit langem Gärungsprozess längst abgelöst. Die Industrie könnte triumphieren, bei Konsumenten wäre die Weizenunverträglichkeit Zöliakie bereits so stark verbreitet, dass Weizen kaum mehr verlangt würde, weil alle geschädigten auf Dinkel umgestiegen wären, der praktisch keine Gluten hat, weil er die hohen Stickstoffeinsatze wie sie bei Weizen üblich sind nicht erträgt. Ein Beispiel wie mit Gentechzüchtung Ziele schneller erreicht werden können, sich aber negative Nebeneffekte mit der Zeit und leider mit viel Leidensdruck der Menschen von selbst korrigieren.
Weniger harmlos läuft es ab, wenn den Pflanzen durch Gentechnik die Möglichkeit eingeführt wird, resistent zu werden gegen Herbizide oder tierische Schädlinge.
Moderne Herbizide sind nicht mehr giftig wie es die alten waren. Sie wirken über künstlich veränderte Proteine. Proteine steuern den ganzen Stoffwechsel von Pflanzen, aber auch von Tieren und Menschen. Sie geben dem Stoff aus der Nahrung die Gebrauchsanleitung für die Zellen mit, wie das Protein einzusetzen sei. Die künstlich so programmierten Proteine des Herbizid Glyphosat (roundup ready) lösen sich nicht in Nichts auf, nachdem sie das Unkraut zum Absterben gebracht haben. Sie werden auch von Nutzpflanzen aufgenommen welche resistent dagegen sind, deshalb sterben sie ja nicht ab. Aber die Botschaft für die selektive Ausschaltung wichtiger Stoffwechselvorgänge gelangt auf die Konsumenten dieser Nahrung. So wie Gene über alle Artengrenzen vertauscht und manipuliert werden können, weil sie scheinbar einem von allen verständlichen Programm geprägt sind, so werden die Botschaften dieser Proteine von allen noch so unterschiedlichen Stoffwechseln der Nahrungskonsumenten aufgenommen. Weil weder Tiere noch Menschen bisher resistent gegen solche Proteine „gezüchtet“ wurden, können sie ihre beim Unkraut gewünschte Botschaft der Disharmonie im Stoffwechsel beim Nahrungskonsument ungehindert einbringen. Die immer stärker überhand nehmenden Allergien und vor allem die in immer weitere Arten ausufernden Gehirnkrankheiten müssten uns zum Nachdenken anregen. Vorläufig kann niemand beweisen, dass jene Herbizide, die dank gentechnisch erreichter Resistenz der Nutzpflanzen immer häufiger eingesetzt werden an der Entwicklung im Gesundheitswesen unschuldig sind.
Der Bazillus turingiensis besitzt ein Gen, das ein Protein ausschüttet, das tierische Schädlinge wie Maiszünsler und Kartoffelkäfer abtötet. Der Einsatz ist aber teuer und weil der lebende Bazillus nicht lange überlebt soll den Pflanzen die Fähigkeit gentechnisch eingesetzt werden, jenes Protein, das den Schädlingen den Tod bringt selber zu produzieren und in den Pflanzenzellen einzulagern.
Im Unterschied zum Bazillus turingiensis der schnell abstirbt und sein tödliches Protein nicht mehr wirken lassen kann, produziert die gentechnisch veränderte Pflanze das tödliche Protein aber während der ganzen Wachstumsphase. Als Vorteil sterben die Schädlinge über die ganze Vegetationszeit. Als Nachteil ist im Herbst so viel davon vorhanden, dass auch grössere Wesen davon betroffen werden könnten. Zudem sind Gene keine Legosteine, welche einmal gesetzt, ein Leben lang so bleiben. Das ganze Genom, die Summe aller Gene ist in ständiger Bewegung. Nur so ist es möglich dass sich Schädlinge gegen die Bedrohung durch Bekämpfungsstoffe neue Resistenzen durch eigene Genmutation zulegen. Der „Spitalkäfer“, der resistent gegen alle Antibiotika und Sterilisationen wurde, führt uns die Ohnmacht der Wissenschaft gegenüber der Raffinesse der Natur drastisch vor Augen.
Dass Wissenschafter in der Gentechnologie grosse Chancen sehen ist klar. Sie haben nicht auf dem eigenen Bauernhof erlebt, wie viele chemische Hilfsstoffe anfänglich enthusiastisch bejubelt wurden, nach bis gegen 20 Jahren aber verboten werden mussten. Sie haben vor allem nicht auf dem eigenen Acker erlebt wie weder Kartoffelkäfer noch Krautfäule ein Thema sind, wenn die Erde ihren eigenen Bedürfnissen entsprechend kultiviert wird. Sie haben nicht erlebt wie Maiszünsler bei vernünftigen Fruchtfolgen kein Thema sind. Sie haben nicht am eigenen Obstbau erlebt wie weder Läuse noch Schorf ein Problem sind, wenn den Bäumen das ihnen entsprechende Milieu erlaubt wird und die Obstsorten im Erscheinungsbild die Merkmale von Lebenskraft tragen dürfen. Der Bauernverband setzt sich weder aus purem Fundamentalismus noch aus Eigennutz gegen die Gentechnologie ein. Er weiss wie schwierig die Übertragung von GVO auf andere Pflanzen eingrenzbar ist, und er nimmt seine Verantwortung gegenüber den Konsumenten wahr.
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