Das Angebot in unseren Supermärkten an schön aussehenden, bunten Früchten und Gemüsen ist reichhaltig – doch der unsichtbare Pestizidcocktail darauf auch. Und trotz erfreulich vielen Petitionen und Demos gegen all die giftigen Machenschaften der Multis wird es wohl eine Wunschvorstellung bleiben, dass unsere Erde bald frei von solchen Substanzen sein wird, die um so heimtückischer sind, weil man sie meist nicht sehen oder riechen kann. DDT wurde 2004 verboten. Doch weitaus schädlichere Gifte landen heute noch täglich auf unserem Teller:
- Neonicotinoide, die weltweit am meisten verkauften Insektizide, können in allen landwirtschaftlichen Produkten stecken. Bereits das Saatgut von Gemüse, Früchten, Kräutern und Getreide wird mit diesen Nervengiften umhüllt. Sie werden nicht mehr abgebaut sondern die Pflanze nimmt sie während des Wachstums auf, sie gelangen via Wurzel, Stiel und Blätter direkt ins Gemüse, zirkulieren im Kreislauf der Pflanze und bleiben dort – bis auf unseren Teller. Bereits wenige Milliardstel Gramm können eine Honigbiene töten. Deshalb hatte die Europäische Kommission sie 2013 zunächst für zwei Jahre weitgehend verboten. Noch dieses Jahr entscheidet sie über eine Verlängerung des Verbots – und wir können davon ausgehen, dass die Pestizidmultis alles dafür tun werden, dass die Bienenkiller-Pesitzide wieder versprüht werden dürfen. In Großbritannien ist es bereits soweit: Die britische Regierung ließ sich von Bayer und Syngenta überzeugen.
- Konventionelle Kartoffeln werden bis zur Ernte mindestens zwanzigmal gespritzt, und danach werden sie erst recht mit Gift behandelt, damit sie nicht keimen. Was nicht mehr keimen kann, ist tot. 19 von 20 Kartoffeln waren im jüngsten Test von K-Tipp mit dem Pestizid Chlorpropham behandelt. Der Stoff steht im Verdacht, Krebs zu erregen. Einige Produkte waren zudem mit dem Pilzvernichter Propamocarb oder dem Insektenvertilger Clothianidin belastet. Im Vergleich zu einer Stichprobe aus dem Jahr 2005 hat es in den Kartoffeln heute viel mehr Chlorpropham. Die gleiche Tendenz zeigen die Untersuchungen des Kantonslabors Bern. Doch auch hier wurde ganz einfach der Toleranzwert von 5 auf 10 Milligramm pro Kilogramm Kartoffeln gelockert. [1]
- Glyphosat ist das weltweit am meisten verkaufte Pestizid (z.B. Roundup von Monsanto), jährlich werden allein in der Schweiz in der Landwirtschaft und in privaten Gärten 300 Tonnen des Giftes versprüht. Es ist in unseren Flüssen und Seen, in Grundwasser und Trinkwasser. Und im Urin: 70% aller Proben in Deutschland sind belastet, wobei Konsumierende konventioneller Kost ungefähr dreimal so hohe Werte wie Bio-Essende aufwiesen. Wo Glyphosat mit Flugzeugen gesprüht wird, gibt es missgebildete Kinder und wo Gen-Soja verfüttert wird, gibt es missgebildete Ferkel. Außerdem greift Glyphosat die Darmschleimhäute an und schädigt gesundheitsfördernde Mikroorganismen: Chronischer Botulismus, Clostridien, Salmonellen und andere Krankheitserreger und pathogene Keime nehmen rasant zu. In Deutschland sterben ganze Kuhherden, Bauern und ihre Familien erkranken. [2] [3] Zahlreiche Studien haben bewiesen, dass Glyphosat krebserregend ist. Doch das überraschende Einlenken der Pestizidlobby hat natürlich einen Grund: Es wartet schon das nächste Giftrezept mit gefälschten Unbedenklichkeitsstudien darauf, auf den Markt geworfen zu werden.
- Außerdem werden die gesetzlichen Grenzwerte immer wieder oder umgangen, indem mehrere Pestizide verwendet werden, von denen später keines in kritischer Menge vorhanden ist. Dadurch kommt es zu Mehrfachbelastungen.
Wie können wir uns vor all diesen unsichtbaren Giften schützen?
- Der beste Schutz ist erstmal eine rein pflanzliche Ernährung, denn Pflanzen stehen nicht am Ende der Nahrungskette. Im Körper von Raubfischen oder Großtieren kumulieren sich die Gifte all der Pflanzen oder der kleineren Tiere, die sie im Laufe ihres Lebens fressen – und das konsumieren dann wiederum die Menschen, die das Fleisch dieser Tiere essen. In jedem Kilo Fleisch stecken vier bis acht Kilo Getreide und damit auch die entsprechende Pestizidmenge. Wer Fleisch essen möchte, kauft es am besten dort, wo man genau weiss, woher es kommt – von einheimischen Weidetieren, die mit Gras statt mit importierem Kraftfutter gefüttert wurden. Auch Milch enthält viele Gifte: Genau wie von stillenden Frauen werden auch von Milchkühen Schadstoffe über die Milch ausgeschieden. Und davon bekommen sie in ihrem kurzen, oft qualvollen Leben reichlich. Milch enthält 5,5 mal so viel Pestizide wie pflanzliche Nahrungsmittel. Also auch hier auf regionale Bio-Weide-Milch achten, am besten direkt ab Hof.
- Bio-Lebensmittel enthalten deutlich weniger Schadstoffe als herkömmliche Produkte. So fand man auf konventionellem Gemüse rund 320 Mal mehr Pestizidrückstände, auf Obst waren es 80 Mal mehr. [4] Achtung: FairTrade-Produkte sind nur dann garantiert ökologisch produziert, wenn Bio draufsteht.
Ein Supermarkt und ein Forschungsinstitut in Schweden wollten es genau wissen und ließen eine fünfköpfige Familie zwei Wochen lang nur Bio essen. Mit erstaunlichem Ergebnis: Während in den Urinproben zu Beginn der Studie bei allen Pestizide, Fungizide und Pflanzenwachstumsmittel nachgewiesen werden konnten, waren schon nach zwei Wochen Bio-Ernährung so gut wie keine Gifte mehr nachweisbar. [5] Auch der Pestizidvergleich von Greenpeace macht deutlich: Neun von zehn konventionell angebauten Kopfsalaten und zwei von drei konventionell hergestellten Tomaten enthalten Pestizide – Bio-Salate und Bio-Tomaten sind dagegen komplett rückstandsfrei. [6]
Es zählt aber nicht nur, was wir mit Bioprodukten nicht erhalten, sondern auch das, was wir durch sie mehr erhalten: Der Gehalt an wichtigen Antioxidantien in biologisch angebauten Früchten und Gemüsen ist bis zu 60% höher als in konventionellen, was der Menge von 1–2 zusätzlichen Obst- und Gemüseportionen täglich entspricht. [7]
Bio-Schattenseiten
Auf der anderen Seite haben auch die Großverteiler längst realisiert, wie lukrativ das Geschäft mit Bio und Öko ist, und so gibt es mittlerweile auch viel Bio-Junkfood. Und Bioware ist manchmal auch weniger empfehlenswert: Da die Vorschriften des Schweizer Bio-Dachverbandes einen Flugtransport nicht erlauben, sind viele exotische Biofrüchte praktisch ungenießbar, da sie unreif geerntet werden. Hingegen wissen die meisten Konsumenten nicht, dass nur rund die Hälfte der Bio-Gemüsesetzlinge aus heimischer Produktion stammt, der Rest ist importiert, zum Beispiel aus Marokko. [8]
Ferner kommt eine Studie zum Schluss, dass die Verunreinigung von Lebensmitteln durch Stoffe aus Verpackungsmaterialien rund hundertmal höher ist als jene durch Pestizide aus konventionellem Anbau. Als Folge davon kann es sein, dass ein verarbeitetes und verpacktes Bio-Lebensmittel mehr zweifelhafte Rückstände beinhaltet als ein unverpacktes konventionelles Produkt, denn die Schweizer Bio-Verordnung regelt die Anforderungen und Beschaffenheit von Verpackungen für Bio-Produkte auf gesetzlicher Ebene nicht. [9]
Bei bestimmten Produkten lohnt es sich also, diese nur in Bioqualität zu kaufen. Doch wer sich das nicht leisten kann lebt immer noch gesünder mit konventionellen Früchten und Gemüsen anstatt ganz ohne. Einen Anhaltspunkt liefert die folgende Liste – bei welcher der in USA gebräuchliche Titel sich leider umgekehrt hat, da viel weniger als fünfzehn wirklich unbelastet, dafür aber viel mehr als zwölf stark belastet sind.
Dirty dozen, clean fifteen
Quellen und Links:
- [1] K-Tipp 08/2013 vom 24. April 2013
- [2] Infosperber: WHO: Monsanto-Gift «wahrscheinlich krebserregend», 10. Apr 2015
- [3] Schrot und Korn, Ausgabe 10/2014: Glyphosat – eine Spurensuche
- [4] Öko-Monitoring des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg
- [5] Jörgen Magnér, Petra Wallberg, Jasmin Sandberg, Anna Palm Cousins, Human exposure to pesticides from food: A pilot study for Coop Sverige AB
- [6] Greenpeace Einkaufsratgeber: Essen ohne Pestizide
- [7] British Journal of Nutrition (2014), Higher antioxidant and lower cadmium concentrations and lower incidence of pesticide residues in organically grown crops: a systematic literature review and meta-analyses
- [8] Richtlinien für die Erzeugung, Verarbeitung und den Handel von Knospe-Produkten, Fassung vom 1. Januar 2011
- [9] Agrarinfo: Gift in Lebensmittelverpackungen
- Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit Deutschland, Analysenergebnisse der Lebensmittelüberwachung zu Rückständen von Pflanzenschutzmitteln in Lebensmitteln, 1. Quartalsauswertung 2015
- Zeitschrift Beobachter: Pestizide – Vitamine ohne giftige Nebenwirkungen
- Environmental Working Group