“Es braucht in der ganzen Landwirtschaft eine Bewusstseinserweiterung. Und um das Bewusstsein erweitern zu können braucht es gesunden Menschenverstand.”
Um diesen wieder zu wecken, beginnt Armin Capaul, Bio-Bergbauer und Urheber der Hornkuh-Initiative, bei DEM Wappentier der Schweiz: Der Kuh. Denn dieses Symbol sei verstümmelt. Es hat nur noch auf den Postkarten und in der Werbung Hörner. Rund 73% aller Schweizer Milchkühe sind mittlerweile hornlos. In Laufställen liegt der Anteil der enthornten Tiere sogar bei 90%.
Es braucht ein Umdenken, sagt Armin Capaul. Und da Denken bei vielen etwas mit Rechnen zu tun hat, geht es natürlich um Geld, denn auf dem gleichen Raum können ein Drittel mehr Tiere ohne Hörner gehalten werden. Und damit sind wir beim zentralen Thema: Die Hornkuh-Initiative will nicht das Enthornen verbieten, sondern Kühe mit Hörnern finanziell fördern. Die Finanzierung soll nicht durch mehr, sondern durch eine Umverteilung der Subventionen gedeckt werden.
Das Problem ist im Kopf der Bauern
Der Stall muss einen Drittel grösser sein für Kühe mit Hörnern – doch das ist nur das Ende einer langen Verkettung:
Früher waren Kühe im Sommer auf der Weide oder auf der Alp. Im Winter waren sie im Stall angebunden. Von dort mussten sie zwei Mal pro Tag zur Tränke raus geführt werden – der Bauer hatte also täglich mit jeder Kuh Kontakt und konnte sehen, wie es ihr geht, ob sie ein Klauenproblem hat, ob sie stierig ist und vieles mehr.
Dann kamen die Selbsttränken in die Stände.
Dann kam der Laufstall. 2003 wurden noch mehr als zwei Drittel der Tiere in Anbindesystemen und knapp ein Drittel in Freilaufställen gehalten. 2011 lag der Anteil der Laufstallplätze über 40%. Mittlerweile dürfte die Zahl der im Laufstall gehaltenen Tiere gleich oder knapp grösser sein, als die der angebunden gehaltenen Kühe – genaue Zahlen liegen noch nicht vor. (1)
Gemäss Armin Capaul ist der Laufstall nur “Schreibtischtierschutz” und absolut tierungerecht. Bei der Anbindehaltung sind schwache Tiere geschützt und stehen nicht die ganze Zeit unter Stress, jedes Tier hat seinen Platz und es können mehr horntragende Tiere als in anderen Aufstallungssystemen gehalten werden. Beim Laufstall können die Tiere zwar herumlaufen und nach draussen, doch gibt es oft Rangordnungskämpfe und dieses “draussen” besteht häufig nur aus einem kahlen Betonplatz – das gäbe für den Bauern mehr Beiträge, als wenn Kühe aus Anbindehaltung auf die Weide dürfen. So hat auch das vermeintliche “Tierwohl” immer zwei Seiten.
Auch Füttern und Misten in Handarbeit sind heute zunehmend veraltet, es ist schon längst kein Science-Ficiton mehr, dass diese Arbeiten von Robotern übernommen werden. Die Kühe gehen, gelockt von Kraftfutter, selber zur Abpumpstelle – auch noch der letzte Kontakt zwischen Bauer und Tier fällt somit weg.
Das Problem ist am Kopf der Kühe
Das Horn ist kein totes Material, es ist durchblutet und empfindsam. Die Hörner dienen dem Wärmeaustausch, tragen bei Hitze zur Abkühlung der Tiere bei und haben Einfluss auf die Verdauung. Die Milch von Honkühen soll besser schmecken und gesünder sein, auch für Allergiker.
Kühe brauchen ihre Hörner als Kommunikationsmittel. Enthornte Kühe sind in der Kommunikation mit ihren Artgenossinnen eingeschränkt. Normalerweise reicht eine kurze Richtungsanweisung oder Berührung der Hörner, um die Rangordnung zu festigen. Enthornte Kühe, erklärt Armin Capaul, stürzen sich oft mit dem Kopf in den Bauchraum von anderen Tieren, das könne Verletzungen zur Folge haben, welche man äusserlich nicht erkennt.
Gefangen im System
Standardarbeitskräfte, Landschaftsqualitätsbeiträge, Etho-, Gewässerschutz- und Sömmerungsbeiträge … Um durch das Gesetzeslabyrinth der verschiedenen Direktzahlungen, die ein Bauer bekommen kann, überhaupt noch durchzublicken, gibt es Kurse. Ein Grossteil des Geldes landet nicht bei den Bauern, die es nötig hätten, sondern bei Grosskonzernen, die landwirtschaftliche Produkte verarbeiten und fördert damit die Industrialisierung unserer Landwirtschaft. Die Grossen werden immer grösser – die Kleinen, und vor allem die naturnah produzierenden, haben das Nachsehen.
Mit diesen Worten bringt Armin Capaul die Entwicklung auf den Punkt und erzählt dann von seiner Vision: Anstatt immer noch mehr und noch billiger, könnte mit Hornkühen zwar weniger, aber qualitativ viel hochwertigere Milch produziert werden.
Den Tieren ihre Würde zurückgeben
Viel habe sich Capaul bereits anhören müssen: Er sei wohl der einzige Bauer in der Schweiz, der Kühe mit Hörnern hält, der noch beide Augen im Kopf hat, schrieb jemand in einem Leserbrief. Er nimmt es mit einem Augenzwinkern:
Mit der Hornkuh-Initiative will Armin Capaul auch die ganze komplizierte, schwerfällige, verknöcherte Agrarpolitik auf die Hörner nehmen. Damit er das machen kann muss die Initiative zustande kommen.
Hier Unterschriftenbogen herunterladen und ausfüllen!
Armin Capaul und seine MitstreiterInnen sagen Ihnen Danke!
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