Eine auf Wachstum und Produktivität ausgerichtete Landwirtschaft gerät zwangsläufig mit der Naturgrundlage in Konflikt. Dieses Kernproblem wird in der Agrarpolitik 22+ völlig ausgeblendet. Die Bauern und Bäuerinnen sollen produktiver und gleichzeitig nachhaltiger werden – die damit verbundenen Widersprüche bleiben unerwähnt. Wieso?
Wir hinterfragen die Argumentation, mit der die Diskussion geführt wird und laden Sie gerne ein zu
Ökologie und Landwirtschaft: Ein Scheinkonflikt?
Im bundesrätlichen Bericht zur AP22+ erklärten verschiedene Autoren auf hundertsechzig Seiten, weshalb unsere heutige Landwirtschaft unökologisch ist. Der unterschwellige Konflikt, dass die intensive Landwirtschaft die Naturgrundlage überstrapaziert, wurde nicht thematisiert.
Was wird unter „Ökologie“ verstanden? Welches sind die ökonomischen Interessen, die viel lukrativer scheinen als die Lebensmittelproduktion? Wie gross ist der Konflikt „Ökologie vs Landwirtschaft“ tatsächlich?
Realwirtschaft und Wachstumswirtschaft: ein Konflikt?
Wir brauchen Boden. Die an die Naturgrundlage gebundene Landwirtschaft ist bei weitem nicht so rentabel wie die Wachstumswirtschaft und rein ökonomisch betrachtet macht Landwirtschaft im Hochpreisland Schweiz keinen Sinn. Dieser „ökonomische Unsinn“, in der Schweiz trotzdem eine eigene Landwirtschaft zu haben, ist ein politischer Entscheid. Bis jetzt war man bereit, die Landwirtschaft zu schützen und zu unterstützen, unter anderem weil man sich damit einen gewissen Grad an Ernährungssicherheit schafft. Der Druck auf den Boden nimmt weiter zu. Jetzt wird das Argument ins Zentrum gerückt, dass der Erhalt der Landwirtschaft (nicht nur ein ökonomischer, sondern auch) ein ökologischer Blödsinn sei.
Der ökonomischen Konflikt zwischen der regional orientierten Landwirtschaft und der auf Wachstum ausgerichteten globalisierten kapitalistischen Wirtschaft bleibt real und eine Ersatzdiskussion über Ökologie kann höchstens dazu führen, den politischen Willen zu beeinflussen.
Politisches Umfeld
Die Schweiz hat seit 1996 einen Landwirtschaftsartikel in ihrer Verfassung. Diverse Volksinitiativen zeugen vom grossen Interesse der Bevölkerung für eine gesunde, eigene Landwirtschaft.
Der Grenzschutz wird, auch für landwirtschaftliche Produkte, weiter reduziert – obwohl klar ist, dass eine gesunde Landwirtschaft zu Weltmarktpreisen nicht machbar ist.
Die Schweizer Bevölkerung will gesunde Luft und sauberes Wasser. Die Politik schlägt vor, die Bauern mit finanziellen Druckmittel zu giftfreiem Wirtschaften zu motivieren.
Referent und DiskussionsteilnehmerInnen
Prof. Dr. Mathias Binswanger
Mathias Binswanger ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der FHNW in Olten und Privatdozent an der Universität St. Gallen. Er war Gastprofessor in Deutschland, China und Vietnam und ist Autor von zahlreichen Büchern und Artikeln.
Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Makroökonomie, Finanzmarkttheorie, Umweltökonomie sowie in der Erforschung des Zusammenhangs zwischen Glück und Einkommen.
Gemäss dem Ökonomen-Ranking der NZZ zählt Mathias Binswanger zu den einflussreichsten Ökonomen der Schweiz.Dr. sc. nat. ETH Andreas Bosshard
Dr. sc. nat. ETH Zürich Andreas Bosshard ist
Produzent von Ökosaatgut
Berater und Forscher im Rahmen der Firma Ö+L GmbH
Geschäftsführer von Vision Landwirtschaft
Mitbewirtschafter eines grösseren Biobetriebes mit Ackerbau, Milch und ObstIng. Agr. ETH François Monin
François Monin kommt aus dem Kanton Jura, wohnt in Delémont und ist auf einem Betrieb aufgewachsen.
Er ist 26 jährig, verfügt über einen Master in Agricultural Sciences von der ETH Zürich, mit Vertiefung in Agrarökonomie. Beim Schweizer Bauernverband leitet er seit letztem Sommer die Abteilung Agrarwirtschaft. Er war verantwortlich für die Koordination und Ausarbeitung der Stellungnahme des SBV zur AP22+.
Fragen und Vorschläge schicken Sie bitte an agrarinfo.ch