Gerne publizieren wir hier mit der freundlichen Erlaubnis der Autorin, dipl. Ing. agrar. Sigrid Alexander (Beratung Nachhaltige Lebensmittel), ihre Zusammenfassung des Briefings der ect group zu den Fusionen im Saatgut- und Pestizidmarkt:
Fusionen in der Agrarindustrie im vorgelagerten Bereich:
Die Fusionen werden sich nicht auf den Saatgut- und Pestizidmarkt beschränken, sondern in Zukunft den gesamten vorgelagerten Bereich der Landwirtschaft, also auch Dünger und Landmaschinen betreffen. Laut etc-group erfolgen die Fusionen in drei Wellen:
- Agrochemie und Saatgut
- Agrochemie/Saatgut und Landmaschinen (und Düngemittel)
- Agrochemie/Saatgut/Landmaschinen und landwirtschaftliche Versicherungen
These: Wenn die Mega-Mergers Bayer-Monsanto, Dow-DuPont und ChemChina-Syngenta wirklich stattfinden, dann folgt auch die zweite und dritte Welle von Fusionen.
Wer kauft wen?
Der Markt für Saatgut und Pestizide zusammen (97 Mrd. USD) ist ungefähr so gross wie der Markt für Landmaschinen (114 Mrd. USD). Baysanto hätte einen ähnlich hohen Umsatz wie John Deer. Wer kauft also wen?
“Who will win? You have to bet on the machinery companies”
Landmaschinenkonzerne wie John Deer installieren schon jetzt Sensoren in ihren Traktoren, die Daten über Pflanzengenetik, Agrochemikalien, Düngemittel, Bodenverhältnisse und Ernteerträge sammeln. Gleichzeitig sind die Sensoren mit GPS-Satelliten und Drohnen verknüpft, John Deere hat riesige Mengen an Daten zu Wetter und Klimabedingungen gesammelt. Die Konzerne wissen also, wie viel Pestizide und Saatgut unter welchen Bedingungen verwendet werden – und das auf den Zentimeter Land genau. Für die ect-group sind diese vernetzten Maschinen sozusagen die „Hardware“ der Agrarindustrie.
Die Agrochemie-/Saatgutkonzerne haben dagegen abgesehen von Daten zur genetischen Zusammensetzung von Pflanzen (sozusagen der „Software“) nur ihre Verkaufsdaten.
„Deere owns the box that GenChem* and fertilizer companies have to put their products in.“
*GenChem = Saatgut- und Pestizidkonzerne
Die Landmaschinenkonzerne können den Einsatz von Pestiziden und Saatgut nicht nur messen sondern auch kontrollieren. John Deere bietet den Landwirt*innen zum Beispiel Agrarmanagementsystemlösungen an, die den optimalen Input an Saatgut und Pestiziden ausrechnen. Deshalb tippt die etc-group auf die Übernahme der Agrochemie-/Saatgutfirmen durch Landmaschinenkonzerne.
Was bedeutet Digitalisierung? Was ist das Geschäftsmodell?
These: Der Konzern mit den meisten Daten wird am meisten Profit machen.
Hat ein Konzern Zugriff auf die Daten über Inputs, Ernteerträge und Marktentwicklungen kann dieser auch Versicherungen anbieten. Als Versicherungsfirma kann der Konzern die Bedingungen diktieren unter denen eine Versicherung möglich ist: welche Pflanzen angebaut werden sollen, welches Monitoring, Anbaupraktiken, etc. John Deer und BASF haben bereits eine Kooperation und bieten solche Versicherungen an.
Das Angebot an die Landwirt*innen
Präzision, Online Datenverwaltung, Fernsteuerung und Kontrolle. Zum Beispiel können mehrere Maschinen gleichzeitig auf einem Feld arbeiten, Gülle kann gezielter ausgebracht werden, Kosten für Mineraldünger werden gespart. Managementsysteme helfen auch bei Geschäftsabläufen, Personalfragen, Beantragung von Geldmitteln, etc. Das macht den Job als Landwirt*in stressfrei(er) und steigert die Rentabilität.
Zum Beispiel: Aus der aktuellen Werbebroschüre von John Deere zu „Agrarmanagement Lösungen“:
- Kontrollieren Sie „punktgenau“ Ihre Betriebskosten: Mit teilflächenspezifischen Ausbringmengen können Sie die für jedes Feldareal benötigten Saatgutmengen, Spritz- und Düngemittel präzise berechnen.
- Sparen Sie sich unnötige Schreibarbeiten: Speichern Sie vielmehr alle Betriebs- und Ertragsdaten in einem einheitlichen Format. So haben Sie per Mausklick alles zur Hand, was Sie zur Einhaltung von Gesetzesauflagen, Beantragung von Zuschüssen und die zuverlässige Rückverfolgung aller Abläufe benötigen.
- Bewirtschaften Sie Ihren Boden nachhaltiger, indem Sie Aufwandmengen für Saatgut, Dünger und Pflanzenschutzmittel exakt steuern.
- Erleichtern Sie sich die Einstellung Ihrer Maschinen: Programmieren Sie Ihre Maschine und rufen Sie anschliessend einfach die anwendungsspezifischen Parameter auf.