Dass die landwirtschaftliche Subventionspolitik neu ausgerichtet werden muss, steht ausser Diskussion. Der Subventionsdschungel von Bund und Kantonen war bisher undurchschaubar und erfordert mehr Transparenz. Auch sollen vermehrt ökologische Aspekte bei der Verteilung von Geldern an die Landwirtschaft berücksichtigt werden. Aber wie? Es ist verständlich, dass die Frage nach der richtigen Subventionspolitik im Moment die Gemüter erhitzt. Wir wollen hier in einer kleinen Serie die wichtigsten Aspekte zur Debatte stellen.
1. Was ist eine umweltgerechte und zukunftsgerichtete Subventionspolitik?
Die Direktzahlungen sind ein zentrales Element der Subventionspolitik des Bundes. Mit der Agrarpolitik 2014–2017 (AP 14–17) beabsichtigt der Bundesrat, die Innovationen in der Land- und Ernährungswirtschaft stärker zu unterstützen als bisher, die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern und die gemeinwirtschaftlichen Leistungen gezielter zu fördern. Kernelement der AP 14–17 ist das weiterentwickelte Direktzahlungssystem. Dieses gibt im Moment Anlass zu grosser Sorge. Während heute rund 80 Prozent der Direktzahlungen in die Produktion fliessen, sieht die AP 14–17 eine Umverteilung der Subventionen vor zugunsten der Ökologie und Landschaftspflege vor.
Dass der Bund auch die Landschaftspflege im Auge hat, ist grundsätzlich nicht schlecht. Doch was wird aus der Aufgabe der Bauern als Lebensmittelproduzenten? Was geschieht, wenn plötzlich der Lebensmittelimport stockt und wir nicht einfach so Tomaten, Kartoffeln und Fleisch von nah und fern in unser Land importieren können? Wer die beiden letzten Weltkriege erlebt hat oder aus den Erinnerungen seiner Eltern und Grosseltern kennt, weiss, dass dies nicht einfach ein absurdes Worst-case-Szenario ist, sondern sehr schnell Realität werden kann. Daher kommt mir eine zu sehr auf die Landschaftspflege ausgerichtete Landwirtschaft naiv und problematisch vor, weil sie die Selbstversorgung gefährdet.
Weiter problematisch ist dies auch deshalb, weil eine so geartete Subventionspolitik falsche Anreize schafft. Ein Landwirt, der nicht mehr direkt für die Milch seiner Kühe und den Ertrag seiner Felder bezahlt wird, sondern für die Vielfalt der Blumen auf seiner Weide, wird sich automatisch auf Nebengeschäfte konzentrieren.
Eine umweltgerechte und zukunftsgerichtete Subventionspolitik soll die Bauern darin unterstützen, eine für unsere Gesellschaft lebensnotwendige Produktion aufrecht zu erhalten. Es ist richtig, dass die Bauern nicht nur für ihre Massentierhaltung in ihren Ställen und eine Monokultur auf ihren Feldern belohnt werden. Es ist richtig, Anreize zu schaffen, damit in der Landwirtschaft weniger gedüngt und mehr auf die Artenvielfalt geachtet wird. Doch diese Leistung soll auch an den konsumierbaren Endprodukten gemessen werden.
Damit würde er auch die Gesellschaft in die Pflicht nehmen, einheimische Produkte zu unterstützen und somit Verantwortung für unsere Existenzgrundlage zu übernehmen, die uns auch in Notsituationen ernähren kann. Natürlich ist es naiv zu glauben, dass die Schweizer automatisch lieber teure Schweizer Produkte statt importierte Billigprodukte kaufen. Unsere Landwirtschaftsprodukte haben kostenmässig im Moment keine Chance gegen Importnahrungsmittel. Und der Konsument ist (noch nicht) bereit, für Gesundheit und Qualität so viel mehr zu bezahlen. Daher sind bei einer grösstmöglichen Grenzöffnung unsere qualitativ hoch stehenden Produkte nur dann konkurrenzfähig, wenn die Landwirte für diese auch ein entsprechendes Einkommen erhalten.
Bernhard Lehmann, Departementsvorsteher des Bundesamtes für Landwirtschaft, erklärte an der Jahresversammlung des Vereins zum Schutz des landwirtschaftlichen Eigentums VSLG (http://www.vslg.ch), dass es die Rolle des Staates sei, gesellschaftliche Anliegen umzusetzen für Belange, wo der Markt versagt und wo der Markt nicht genügt. Dies ist eine wichtige Erkenntnis und widerspricht eigentlich der Stossrichtung des Bundesrates, die Landwirtschaft «auf eine Situation mit offeneren Grenzen und weniger Marktstützung im Zeitraum 2020» auszurichten und das Kostenniveau um ca. 15 Prozent zu senken.
Die Analyse des Bundesrates hinterlässt eine Menge Zweifel. Zwar ist es wünschenswert, dass die ökologischen Aspekte in der Landwirtschaft mehr Gewicht erhalten. Doch wenn dies auf Kosten der Lebensmittelproduktion passiert, zielt das in eine falsche Richtung. Weiter bedenkenswert ist, dass mit der Wettbewerbsfähigkeit – sprich Marktöffnung –billige Importnahrungsmittel gefördert werden. Dies kennen wir von anderen Ländern, die ihre Produkte so weit subventionieren, dass diese dann praktisch gratis an unseren Zoll gelangen.
Weiterführende Links zum Thema:
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Gesamtrechnungen des Primärsektors, Bundesamt für Statistik, 2008 >>>
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Schweizer Landwirtschaft – zwischen Moderne und Tradition (Zusatzerhebung zur landwirtschaftlichen Betriebszählung 2010) >>>
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Präsentation von Bernard Lehmann, Direktor des Bundesamtes für Landwirtschaft über die AP 14-17 >>>
- AP 14-17: Was soll geändert werden? Conrad Widmer, Leiter des Fachbereichs Agrarpolitik im Bundesamt für Landwirtschaft >>>