Nach dem Gesetz der Nachfrage nimmt die nachgefragte Menge eines Gutes mit sinkendem Preis zu, ebenso wie nach dem Gesetz des Angebots die angebotene Menge eines Gutes mit steigendem Preis (1). Ganz so einfach wie das Modell ist die Wirklichkeit allerdings nicht:
Angebot und Nachfrage, nicht der eigentliche Wert bestimmen den Preis.
Bei Grundnahrungsmitteln ist die Nachfrage nicht wirklich flexibel und die Preise hängen deshalb hauptsächlich vom Angebot ab. Das kann politisch gelenkt sein:
Weil Mais aus Amerika in China zurückgewiesen worden war – er war mit GVO-Mais verunreinigt –, fiel der Preis. Jetzt wird weniger angebaut (2). Damit nimmt das Angebot wieder ab und die Preise steigen wieder.
Russland hat zur Bekämpfung der Inflation die Weizenexportzölle erhöht. Das soll den Export drosseln und das lokale Angebot erhalten, damit der Preisanstieg nicht die Inflation noch verstärkt (3). Zuvor hatte Putin bereits den Preisanstieg bei Wodka gestoppt (4).
Bei uns wird beim Raps ein Preisanstieg erwartet, da als Folge des Neonicotinoid-Verbots zur Behandlung von Rapssaatgut ein Zurückgehen der absehbaren Rendite vorhergesagt wurde. Also wird jetzt vermutlich weniger angebaut (siehe Artikel auf Agrarinfo >>>). Als Konsequenz davon steigt der Preis (5).
Dafür sind die Preise für Weizen und Soja zurückgegangen: Vor ein paar Jahren waren sie auf Rekordniveau – die Gewinnaussichten zogen vergrösserte Anbaufläche nach sich, aber die daraus folgende Rekordproduktion verursachte einen Preiszerfall. Als Konsequenz (die Prognosen für die Ernte 2015 sind die tiefsten seit 6 Jahren) wird weniger angepflanzt, bis die Lager abgebaut sind und die Preise wieder steigen (siehe den Vortrag von Prof. Marcel Mazoyer >>>). Die Logik des Milchpreises gilt also für die ganze Branche.
Die Weltmarktpreise für Grundnahrungsmittel bleiben auf Talfahrt. Das bestätigen Berechnungen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) (6).
Reis = “Essen”
Reis ist für mehr als die Hälfte der Erdbevölkerung das Hauptnahrungsmittel. In einzelnen Ländern Asiens stellt er etwa 80 % der gesamten Nahrung. Reis spielt eine zentrale Rolle in der Kultur dieser Länder und hat dort Eingang in die Religion und Sprache gefunden. Der thailändische Ausdruck für „eine Mahlzeit einnehmen“ (kin khao กินข้าว) bedeutet zum Beispiel wörtlich „Reis essen“, egal um welche Art von Speisen es sich handelt. (7)
Thailand: Reis und Politik
Thailand war der grösste Reisexporteur der Welt – bis Yingluck Shinawatras Reissubventionsversprechen den Staat diese Stellung gekostet hat (sowie auch noch umgerechnet fast vier Milliarden Euro): Sie garantierte ohne Mengensteuerung sehr hohe Abnahmepreise und verführte so die Bauern zum exzessiven Anbau jenseits der Bedürfnisse des Marktes. Die Lagerhäuser des Landes quollen über, hunderte Tonnen unverkäuflicher, weil zu teurer Reis vergammelten. Jetzt fordert die Thai Junta von Yingluck 18 Milliarden Dollar Schadenersatz.
China: Die Iron Rice-bowl
Die Iron Rice Bowl war der Ausdruck für Ernährungssicherheit in der Volksrepublik China: Jeder soll eine Schüssel Reis haben. Heute ist die PRC Netto-Reisimporteur, da weniger Flächen zur Verfügung stehen (8) weil andere Kulturen angebaut werden und mehr Leute essen müssen – aber auch, weil mit steigendem Einkommen eine grössere Diversität von Nahrungsmitteln gefragt ist. Solange die Volksrepublik nicht die Selbstversorgung erhöhen wolle, käme es für China günstiger, Reis zu importieren als selber anzubauen (Landwirtschaftsflächen, Wasser und Arbeit werden gespart) (9).
Asien: New-Gen-Reis
Nicht nur in China, in ganz Asien und auch im Mittleren Osten und Afrika steigt die Nachfrage nach Reis. Die 5 grössten Reisexporteure (Indien, Thailand, Vietnam, Pakistan, USA) bedienen 80% des Weltmarktes des internationalen Reishandels. Ein lukratives Geschäft für Saatgutpatentinhaber, die überzeugt sind, dass ihre Hybriden perfekt die steigende Nachfrage befriedigen können: 6-12 Tonnen Ertrag pro Hektar, resistent und standortangepasst, lobt Remelyn Recoter von PhilRice (9). Sie heissen NSIC Rc 324, NSIC Rc 346, 318H, oder gar Rc 342SR Mabanga4 und brauchen nur 104 – 114 Tage von der Saat zur Ernte, d.h. bei idealem Wetter und Zusatzdüngung sind drei Ernten in einem Jahr möglich (10).
Bis jetzt werden nur etwa 10 Prozent der landwirtschaftlichen Erzeugnisse international gehandelt. Doch die Landwirtschaft gerät immer mehr unter Druck des Multinationalen Freihandels, wo wenige dominieren und die natürlichen Angebotsfluktuationen noch verschärft werden.
Nicht eine irregeleitete Landwirtschaftspolitik, sondern Diversifizierung in der Region und nachhaltiger Konsum schaffen die Grundlage für Ernährungssicherheit: Weniger Abhängigkeiten, kurze Wege und kleine Kreisläufe – eine Wirtschaft, die den Bedürfnissen der Menschen dient.
Angebot und Nachfrage erklärt: >>>
Russische Exportzölle >>>
Wikipedia über Reis >>>
(Foto Rice Bowl: https://www.flickr.com/photos/george_reyes/391843903/)